diwan19_Mahmut GeldiAnadolu Agency via Getty Images_lebanon protest Mahmut Geldi/Anadolu Agency via Getty Images

Die gestörte politische Ökonomie des Libanon

PARIS – Die libanesische Volkswirtschaft ist zusammengebrochen. Es herrscht wenig Unklarheit darüber, woran das liegt oder was zu tun ist, um sie zu retten. Die Frage ist, warum bisher nichts passiert ist.

Während der beiden letzten Jahrzehnte hat der Libanon von Kapitalzuflüssen von durchschnittlich 20% vom BIP jährlich gelebt. Dank hoher Zinsen stiegen die – weitgehend auf US-Dollar lautenden – Einlagen auf etwa 400% vom libanesischen BIP. Ein Großteil des Geldes wurde dabei zur Finanzierung der großen Haushaltsdefizite an den Staat verliehen. Im vergangenen Juli lag das Leistungsbilanzdefizit bei über 25% vom BIP, und die Staatsverschuldung überstieg 150% vom BIP. Staatliche Schuldverschreibungen und Einlagen bei der Zentralbank beliefen sich auf 14% bzw. 55% der Bankaktiva; das Engagement gegenüber dem Staat belief sich also auf fast 70%. Zugleich lag das BIP-Wachstum seit 2011 bei beinahe null.

Das Kartenhaus brach Ende letzten Jahres zusammen, als große Abhebungen zu einem Sturm auf die Einlagen führten, auf den dann ein plötzliches Ende der Kapitalzuflüsse folgte. Anfang dieses Jahres steckte der Libanon dann in einer dreifachen Krise: Staat und Banken waren bankrott – es fehlte ihnen an Liquidität und sie waren nicht imstande, Kredite aufzunehmen –, und das Land litt unter einem gähnenden Außendefizit.

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