Shinzo Abe visits Yasukuni Shrine in Tokyo AFP/Getty Images

Warum gibt es in Japan keine Populisten?

TOKIO – Obwohl über Europa, die Vereinigten Staaten, Indien und Teile Südostasiens gerade eine Welle des Rechtspopulismus hinwegschwappt, scheint Japan dagegen bislang immun zu sein. Dort gibt es keine Demagogen im Stile von Geert Wilders, Marine Le Pen, Donald Trump, Narendra Modi, oder Rodrigo Duterte, die aufgestaute Ressentiments gegen kulturelle oder politische Eliten ausnutzen. Warum ist das so?  

Am nächsten kam Japan dem Rechtspopulismus vielleicht in der Person des früheren Bürgermeisters von Osaka, Toru Hashimoto, der zunächst im Fernsehen bekannt wurde, sich allerdings in den letzten Jahren selbst blamierte, als er die Ausbeutung von Sexsklavinnen durch die Kaiserliche Japanische Armee während des Krieges lobte. Seine ultranationalistischen Ansichten und seine Verachtung liberaler Medien sind zwar vertraute Positionen des Rechtspopulismus, dennoch gelang es ihm nie, sich in der Politik auf nationaler Ebene zu positionieren.

Mittlerweile bietet Hashimoto Ministerpräsident Shinzo Abe kostenlose Beratung hinsichtlich einer Verschärfung nationaler Sicherheitsgesetze. Und darin liegt eine Erklärung für das offensichtliche Nichtvorhandensein des Rechtspopulismus in Japan. Niemand könnte stärker mit der politischen Elite identifiziert werden als Abe, der Enkel eines Ministers im Kriegskabinett und späteren Ministerpräsidenten sowie Sohn eines Außenministers. Dennoch teilt er die Feindseligkeit der Rechtspopulisten gegenüber liberalen Akademikern, Journalisten und Intellektuellen.

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