Japan train subway inside rush hour Amir Jina/Flickr

Verkehrte Welt in der Wirtschaftspolitik

NEW HAVEN – Eine gefährliche Täuschung hält die Weltwirtschaft im Griff. Als der große Boom, der in den 1990er Jahren begann, einer noch größeren Pleite Platz machte, verlegte sich die Politik in dem Versuch, die Magie neu zu beleben, auf die abgenutzten Tricks des Financial Engineerings. Damit verwandelte sie eine im Ungleichgewicht befindliche Weltwirtschaft in die Petrischale des größten Experiments in der modernen Geschichte der Wirtschaftspolitik. Die Politiker waren überzeugt, dass es ein kontrolliertes Experiment sei. Davon kann überhaupt keine Rede sein.

Der Aufstieg und Niedergang Japans nach dem Zweiten Weltkrieg haben uns einen Vorgeschmack auf das vermittelt, was kommen sollte. Das Wachstumswunder der aufstrebenden japanischen Volkswirtschaft basierte auf einem künstlich niedrig gehaltenen Yen, was nicht aufrechtzuerhalten war. Als Europa und die Vereinigten Staaten diesen merkantilistischen Ansatz mit dem Plaza-Abkommen von 1985 herausforderten, konterte die Bank von Japan mit einer aggressiven Lockerung der Geldpolitik, die enorme Asset- und Kreditblasen anheizte.

Der Rest ist bekannt. Die Blasen platzten und zwangen Japans aus dem Gleichgewicht geratene Volkswirtschaft rasch in die Knie. Japan war wegen seiner deutlich gefallenen Produktivität (ein Symptom, das die Blasen verdeckt hatten) nicht imstande, eine echte Erholung herbeizuführen. Tatsächlich kämpft es selbst heute noch mit Ungleichgewichten, was auf seine Unfähigkeit oder mangelnde Bereitschaft zur Umsetzung dringend erforderlicher Strukturreformen – dem „dritten Pfeil“ der als Abenomics bezeichneten Strategie von Ministerpräsident Shinzo Abe zur Belebung der Konjunktur – zurückzuführen ist.

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