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Haushaltspolitische Freiheit in der Eurozone?

LONDON – Italiens Regierung hat einen Haushaltsentwurf gebilligt, der ihre teuren Wahlversprechen finanzieren würde – indem er für mindestens die kommenden drei Jahre gegen die Haushaltsregeln der Europäischen Union verstoßen würde. Damit bestätigt die populistische Koalition, bestehend aus der establishmentfeindlichen 5-Sterne-Bewegung (M5S) und der rechtsextremen Lega, zumindest scheinbar die Ängste vor einer populistisch befeuerten Instabilität in Europa.

Der Haushalt repräsentiert einen Sieg für die beiden stellvertretenden Ministerpräsidenten Italiens – Luigi Di Maio von der M5S und Matteo Salvini von der Lega – über den unabhängigen technokratischen Finanzminister des Landes, Giovanni Tria, der einen konservativeren Vorschlag vorgelegt hatte. Jede Illusion, dass der populistischen Koalition durch gemäßigte Kabinettsmitglieder die Grenzen aufgezeigt werden könnten, ist damit zunichte gemacht. Italiens neue „Regierung des Wandels“, die noch nicht einmal vier Monate an der Macht ist, ist eindeutig willens und in der Lage, die EU herauszufordern.

Es überrascht nicht, dass der Markt auf den Haushaltsentwurf schlecht reagiert hat. Doch ein umfassender spekulativer Angriff auf den Markt für Staatsanleihen ist unwahrscheinlich. Schließlich ist der Schlüssel zur Tragfähigkeit der Schulden wirtschaftliches Wachstum. Und während ein durch Steuersenkungen und höhere laufende Ausgaben befeuertes großes Haushaltsdefizit diesbezüglich kaum helfen dürfte, ist es nicht so, als ob Italiens Versuche zur Haushaltskonsolidierung eine starke Konjunkturerholung schüren würden.

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