Es ist nicht nur Russlands Fehler

MOSKAU: Angesichts des Chaos, der Korruption und der Versäumnisse der Jeltzin-Jahre, aber auch wegen der Besorgnis über Autoritarismus und Menschenrechtsverletzungen unter Präsident Putin meinen heute viele Menschen, dass Russland keine westliche Hilfe ver-diene. Man denkt auch, dass Russland nicht länger Hilfe brauche, da sich seine Wirtschaft und öffentlichen Finanzen dank steigender Ölpreise und eines jährlich um 6,5% wachsenden BSP eine beträchtliche Verbesserung aufzuweisen hat. Tatsächlich verzeichnet Russland Finanz- und Leistungsbilanzüberschüsse in einer Höhe von 2% bzw. 17% des BSP. Obwohl Russland bis zur Halskrause in Schulden steckt seine Verbindlichkeiten entsprechen 75% des BSP , scheint es in der Lage zu sein, seine Gläubiger zu befriedigen.

Russland ersucht aber vom sogenannten „Paris-Club“- bestehend aus westlichen Regierungen - eine weitere Entlastung von fast 40 Milliarden Dollar geerbter sowjetischer Schulden an diese Regierungen. Premierminister Mikhail Kasyanov reist nächste Woche nach Berlin, um für ein Interimsabkommen, das momentan in Verhandlung ist, Unterstützung zu finden. Russlands hat triftige Gründe für eine Entlastung. Und westliche Regierungen insbesondere Deutschland, auf das fast die Hälfte der russischen Schulden beim Paris-Club fällt, haben sogar noch triftigere Gründe, die Steuerzahler zu bitten, auf einen Teil dieser Ansprüche zu verzichten.

Zur Debatte stehen die Kredite westlicher Regierungen an die Sowjetunion. Die zentrale sowjetische Planwirtschaft konnte eine ordnungsgemäße Rückzahlung dieser Kredite nicht gewährleisten, allerdings auch nicht diejenige aller Investitionen, was ein primärer Grund für den Zusammenbruch der UdSSR war. Die Kredite des Paris-Clubs wurden von regierungsämtlichen Exportkredit-Agenturen geleistet, die für im Ausland getätigte Käufe von Investitionsgütern und anderen Produkten ihrer Länder bürgen. Wie es die OECD nicht oft genug aufweisen kann, handelt es sich hierbei eher um eine Form von Regierungssubvention für die heimische Industrie als um eine für das Empfängerland.

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