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Israels atomare Option im Iran

LOS ANGELES – Aus den Enthüllungen in den jüngst veröffentlichten Memoiren des ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush geht hervor, dass er dem israelischen Wunsch nach Zerstörung eines geheimen syrischen Atomreaktors im Frühjahr 2007 nicht entsprach. Obwohl diese Enthüllung lediglich wie eine Fußnote der Geschichte erscheinen mag, wirft sie auf einer tieferen Ebene neue Unsicherheit darüber auf, ob Israel glaubt, sich auf die Vereinigten Staaten verlassen zu können, wenn es darum geht, das iranische Atomprogramm mit militärischer Gewalt zu beenden, falls diplomatische Bemühungen scheitern. Die eingangs erwähnte syrische Episode deutet darauf hin, dass dies nicht der Fall ist. Und das heißt wiederum, dass sich Israel erneut zu einem Alleingang entschließen könnte, um diesmal die atomaren Einrichtungen des Iran zu beseitigen.

Kommt es dazu, würde Israel allerdings vor einem komplexen Problem stehen. Im Gegensatz zu dem Angriff auf die syrische Atomanlage reichen die konventionellen militärischen Kapazitäten Israels nicht aus, um die verdächtigen Einrichtungen im Iran zu zerstören. Teile des iranischen Atomprogramms sind möglicherweise zu stark verbunkert, zerstreut oder verborgen. Daraus ergibt sich die Frage, ob Israels wiederholt ausgegebene Parole - „alle Optionen liegen auf dem Tisch“ - impliziert, dass sogar ein Atomschlag möglich ist. Aus der atomaren Geschichte Israels ist keine eindeutige Antwort abzuleiten, aber die Zukunft könnte dieses Thema in den Mittelpunkt rücken.

Israel hat den Besitz von Atomwaffen nie eingeräumt, ganz zu schweigen von Angaben über Größe und Umfang seines Arsenals. Politische Entscheidungsträger Israels weigern sich, über dieses Thema zu sprechen. Das israelische Parlament, die Knesset, debattiert nicht über dieses Programm, dem auch offiziell keine Gelder zugeteilt werden. Die Militärzensur unterdrückt jeglichen öffentlichen Diskurs darüber.

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