lipner1_ARIEL SCHALITPOOLAFP via Getty Images_bennett ARIEL SCHALITPOOLAFP via Getty Images

In Bibis Schatten

JERUSALEM – Der israelische Ministerpräsident Naftali Bennett ist gehobener Stimmung vom eben zu Ende gegangenen UN-Klimagipfel zurückgekehrt. Der vertraute Umgang mit anderen Staats- und Regierungschefs in Schottland festigten sein angestrebtes Image als würdiger Ersatz für Benjamin Netanjahu, seinen polarisierenden und überlebensgroßen Vorgänger, der Israel über 12 Jahre lang wie ein Alleinherrscher regierte. Bennetts Momentum – und seine Regierung – könnten jedoch recht schnell enden, wenn es ihm in den kommenden Monaten nicht gelingt, das Land klug zu führen.

Im November verabschiedete die Knesset einen neuen Haushaltsrahmen für die Jahre 2021 und 2022 – ein gewaltiger Erfolg für Bennett, wenn man bedenkt, dass das israelische Parlament den letzten Haushalt im März 2018 verabschiedet hatte. Dieser Triumph ist jedoch zweischneidig und kann leicht politische Kräfte freisetzten, die seiner Regierung ein vorzeitiges Ende bescheren.

Das israelische Kabinett ist wortwörtlich ein Team aus Rivalen, dessen Minister ideologisch der Rechten, der Mitte und der Linken des Landes angehören. Die Triebfeder für ihre Zusammenarbeit ist die geteilte Antipathie gegenüber Netanjahu. Eine ähnliche Aversion gegen Netanjahus Verhalten und Politik war in bestimmten ausländischenHauptstädten zu spüren, wo die Aussicht auf seine mögliche Rückkehr Unbehagen auslöst. Das verleiht Bennett zusätzliches Gewicht und dämpft womöglich auch die internationale Kritik, die Israel getroffen hätte, wäre Netanjahu am Ruder geblieben. In diesem Sinne ist Netanjahu der sprichwörtliche Klebstoff, der seinen Nachfolger bisher auf seinem Stuhl hält.

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