Geistige Eigentumsrechte und Unrechte

Letzten Oktober beschloss die Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO), Überlegungen anzustellen, wie ein entwicklungsorientiertes Regelwerk für geistige Eigentumsrechte aussehen könnte. Dieser Schritt fand zwar wenig Beachtung, er war aber in gewisser Weise ebenso bemerkenswert wie die Entscheidung der Welthandelsorganisation, die gegenwärtige Runde der Handelsgespräche dem Thema Entwicklung zu widmen. Beide Entscheidungen bestätigen, dass die momentan gültigen Spielregeln in der Weltwirtschaft mehr den Interessen der entwickelten Industrieländer – vor allem ihrer großen Konzerne – dienen, als denen der Entwicklungsländer.

Ohne den Schutz geistigen Eigentums wären die Anreize in manchen Bereichen kreativen Schaffens geringer. Allerdings sind mit dem Schutz geistigen Eigentums hohe Kosten verbunden. Ideen sind der wichtigste Input im Forschungsbetrieb und wenn geistige Eigentumsrechte die Möglichkeit, Ideen anderer zu nutzen, beeinträchtigt, wird der wissenschaftliche und technische Fortschritt darunter leiden. 

Tatsächlich sind viele der bedeutendsten Ideen – wie beispielsweise die dem modernen Computer zugrunde liegende Mathematik oder die Theorien über Atomenergie oder den Laser – nicht durch geistige Eigentumsrechte geschützt. Wissenschaftler verwenden einen Gutteil ihrer Energie darauf, ihre Forschungsergebnisse ungehindert zu verbreiten. Ich freue mich, wenn jemand meine Ideen über asymmetrische Information benützt – obwohl ich es auch schätze, wenn man mir dafür Anerkennung zollt. Das Anwachsen der „Open-Source-Bewegung“ im Internet zeigt, dass nicht nur die elementarsten Theorien, sondern auch Produkte von enormen unmittelbaren kommerziellen Wert ohne den Schutz geistigen Eigentums hervorgebracht werden können.

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