von Christoph Bertram

Wieso eigentlich? Man stelle sich nur einmal vor, ein der Proliferation von Massenzerstörungswaffen verdächtigter Staat könnte einem ständigen und einschneidenden System internationaler Inspektionen unterworfen werden, die alles überschreiten, was internationale Verträge bisher verlangen. Die Welt wäre sicherer. Und die Regierung, welche durch ihren Druck dazu verholfen hätte, würde allenthalben wegen ihrer staatsmännischen Weitsicht gepriesen.

Ein solches Kontrollsystem gibt es bereits. Das Land, das es ertragen muß, ist der Irak, die Regierung, die es zuwege gebracht hat, ist die der Vereinigten Staaten. Wenn es dabei bliebe, verdiente der amerikanische Präsident Bush jedes Lob. Ohne seine Entschlossenheit, unterstützt durch eine eindrucksvolle Demonstration militärischer Stärke wie durch geschickte Diplomatie, wäre das militärische Potential des Iraks heute nicht einem Offenlegungsdruck ausgesetzt, der weit über alles hinausgeht, was anderen Möchtegern-Proliferateuren zu Teil wird.

Die Voraussetzung für diesen außergewöhnlichen Erfolg war die glaubhafte Drohung mit militärischer Gewalt. Aber gerade weil er so außergewöhnlich ist, gibt es keinen Sinn, die Drohung wahr zu machen und den Irak anzugreifen. Denn selbst wenn die Regierung in Bagdad im Verlauf der Inspektionen durch das Aufspüren versteckter Waffenlager der Lüge überführt würde, wäre dies doch gerade die Bestätigung, daß die Inspektionen greifen, kaum aber die Rechtfertigung militärischer Zwangsmaßnahmen. Die beste aller "ernsthaften Konsequenzen", vor denen der Sicherheitsrat den Irak für den Fall von Zuwiderhandlungen in gewarnt hat, wären weitere Bemühungen, die verbotenen Waffen und Rüstungsprogramme des Landes durch ständige Inspektionen zu zerstören - Inspektoren, nicht Invasoren.

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