roubini160_Spencer PlattGetty Images_stock market Spencer PlattGetty Images

Die Inflation wird Aktien und Anleihen in Mitleidenschaft ziehen

NEW YORK – A Die steigende Inflation in den USA und weltweit zwingt die Anleger, die voraussichtlichen Auswirkungen sowohl auf „riskante“ Anlagen (im Allgemeinen Aktien) als auch auf „sichere“ Anlagen (wie etwa US-Schatzanleihen) abzuschätzen. Der traditionelle Rat an die Anleger lautet, ihr Vermögen gemäß der 60/40-Regel anzulegen: 60% des Portfolios sollten in renditestärkeren, aber schwankungsanfälligeren Aktien angelegt sein und 40% in renditeschwächeren, aber weniger schwankungsanfälligen Anleihen. Der Grund dafür ist, dass Aktien- und Anleihekurse normalerweise negativ korreliert sind (wenn die einen steigen, fallen die anderen); daher gleicht eine derartige Mischung Risiken und Chancen eines Portfolios aus.

In Phasen der Risikofreudigkeit, wenn die Anleger optimistisch sind, steigen Aktienkurse und Anleiherenditen, während die Anleihekurse sinken, was zu einem Marktverlust bei den Anleihen führt. In Phasen der Risikoscheu, wenn die Anleger pessimistisch sind, folgen Kurse und Renditen dem umgekehrten Muster. In ähnlicher Weise gilt: Wenn die Wirtschaft boomt, steigen Aktienkurse und Anleiherenditen tendenziell, während die Anleihekurse fallen, und in einer Rezession ist es umgekehrt.

Doch setzt die negative Korrelation zwischen Aktien- und Anleihekursen eine niedrige Inflation voraus. Bei einem Anstieg der Inflation werden die Anleiherenditen negativ, weil durch höhere Inflationserwartungen ausgelöste steigende Renditen ihren Marktpreis sinken lassen. Man beachte: Jeder Anstieg der Renditen langfristiger Anleihen um 100 Basispunkte führt zu einem 10%igen Rückgang beim Marktpreis – ein steiler Verlust. Bedingt durch die höhere Inflation und höhere Inflationserwartungen sind die Anleiherenditen gestiegen, und der Gesamtertrag langfristiger Anleihen lag 2021 bei -5 %.

https://prosyn.org/6kBeLXgde