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Ungarns manipulierte Wahl

BUDAPEST – Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán hat sich gerade eine vierte Amtszeit gesichert. In einer Demokratie wäre ein solcher Sieg Ausdruck des Willens der Wähler, denen der Amtsinhaber Rechenschaft schuldet. Nicht so in Ungarn, der einzigen voll ausgeprägten Autokratie in der Europäischen Union, wo ein derartiges Wahlergebnis lediglich Ausdruck der Manipulation des Wahlprozesses durch den Amtsinhaber ist. Nachdem sich Orbán nun zum vierten Mal in Folge eine Zweidrittelmehrheit gesichert hat, ist Ungarn ohne jeden Zweifel zu einem Land geworden, wo Wahlen schon vor dem eigentlichen Wahltag entschieden sind.  

Der klassische Wahlbetrug durch gefälschte Stimmenauszählung dürfte sich allerdings wohl in Grenzen gehalten haben, da die organisierte Zivilgesellschaft dafür gesorgt hat, dass in jedem Wahllokal Delegierte der Opposition anwesend waren. Wenn es massiven Betrug gab, dann bei den Briefwahlstimmen aus dem Ausland, von denen viele durch Organisationen gesammelt wurden, die Orbáns Partei Fidesz nahestehen. Die Entdeckung verbrannter, für die Opposition abgegebener Briefwahlstimmzettel in Siebenbürgen hilft bei der Erklärung, warum bei den letzten zwei Wahlen 90 Prozent der Briefwahlstimmen auf die Fidesz-Partei entfielen.

Dieser Urnengang war nicht die erste manipulierte Wahl in Ungarn. Nachdem die Fidesz 2010 ihre erste Zweidrittelmehrheit errungen hatte, änderte sie das Wahlgesetz einseitig, um ihre zukünftigen Wahlergebnisse zu verbessern (durch Änderung der Wahlkreiseinteilung und neue Regeln, aufgrund derer zusätzliche Sitze für große Zugewinne in einzelnen Wahlbezirken vergeben werden). Auf Grundlage dieser Änderungen konnte Fidesz 2014 ihre Zweidrittelmehrheit halten, obwohl auf die Partei 8 Prozent weniger Stimmen entfielen als im Jahr 2010.  

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