Wie unabhängig ist die Europäischen Zentralbank?

Während sich die Europäische Union (EU) darauf vorbereitet, bis zu zwölf neue Mitglieder aufzunehmen, erhebt sich unter den führenden Beitrittskandidaten eine hitzige Debatte darüber, ob die schnelle Übernahme des Euro ein rasches Aufholwachstum fördert oder eher hemmt. Doch mit der Erweiterung der Währungsunion stellen sich auch unter den bisherigen Euro-Mitgliedsländern zwei genauso grundsätzliche Fragen: Führt die formale politische Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB) zu wirklich unabhängigen politischen Entscheidungen? Wenn das nicht zutrifft, wird nicht die Erweiterung der EU die Probleme verschärfen, weil die Voreingenommenheit der EZB-Mitglieder noch weiter auseinandergehen wird, als dies jetzt schon der Fall ist?

Mit jedem Land, das der europäischen Währungsunion neu beitritt, wächst auch der Zentralbankrat der EZB, die Gruppe, welche die Geldpolitik für das Euro-Gebiet festlegt, um ein Mitglied. Mit 18 Mitgliedern ist der Zentralbankrat der EZB schon heute größer als derjenige der Federal Reserve Bank (FED) in den USA, der Bank von England oder der Bank von Japan. Um das Risiko, dadurch noch handlungsunfähiger zu werden, zu mindern, muß die EZB ihren Zentralbankrat reformieren.

Während der Vertrag von Nizza es nicht zulässt, den Zentralbankrat umzubilden, erlaubt er es doch, die Regeln für die Abstimmung im Rat zu ändern. Eine Regelung, die ein Rotationsverfahren bei der Abstimmungen unter den Ratsmitgliedern vorsieht oder sie in Abstimmungsblocks gruppiert, könnte das gegenwärtige System: eine Person - eine Stimme, ersetzen.

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