Die Heilung des depressiven Gehirns

Wissenschaftler und Spezialisten für psychische Krankheiten haben wichtige Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem Verständnis und der Behandlung schwerer Depressionen gewonnen. Dazu gehört auch die Entdeckung der Rolle des Ungleichgewichts von Substanzen wie Serotonin und Noradrenalin. Es gibt allerdings zunehmend Hinweise, dass das noch nicht alles ist: Depressionen verursachen auch strukturelle Veränderungen in Hirnregionen, die mit der Gemütsverfassung, dem Gedächtnis und der Entscheidungsfindung in Zusammenhang stehen.

Einer Depression gehen oftmals stressreiche Erfahrungen voraus. Das Gehirn interpretiert unsere Erfahrungen und entscheidet, ob diese als bedrohlich einzustufen sind. Anschließend steuert es unsere verhaltensmäßigen und physiologischen Reaktionen auf diese Erfahrungen. Ergebnisse aus Tierversuchen zeigen, dass schädliche physiologische Veränderungen ihre Ursache in der Unfähigkeit des Gehirns und des Körpers haben, auf wiederholten Stress mit adaptiven Modifikationen der Struktur und Funktion zu reagieren. Drei Hirnregionen - der Hippocampus, der präfrontale Cortex und die Amygdala - sind für pathologische Veränderungen in Größe und Funktion besonders anfällig.

Diese Regionen sind maßgeblich für die Interpretation stressreicher Erfahrungen und die Wahl der geeigneten Reaktionen darauf verantwortlich. Außerdem sind an diesen Vorgängen noch zahlreiche Botenstoffe wie Cortisol und Adrenalin aus der Nebenniere, andere Hormone und Neurotransmitter (wie Serotonin und Noradrenalin) und die Reaktionen des vegetativen Nervensystems und des Immunsystems beteiligt. Eine Depression führt also aufgrund langfristiger chemischer Ungleichgewichte in jenen Systemen, die Herztätigkeit, Immunsystem und Stoffwechsel steuern, zu Veränderungen im Körper.

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