khrushcheva129_Mikhail KlimentyevTASS via Getty Images_putin Mikhail Klimentyev/TASS via Getty Images

Hat Putin seine Kraft verloren?

MOSKAU – Was ein Jahr doch für einen Unterschied machen kann. Im Herbst 2019 schien der russische Präsident Wladimir Putin noch ganz auf der Höhe zu sein. Das Chaos im Westen – darunter die Präsidentschaft von Donald Trump, das Brexit-Drama und die europäischen Auseinandersetzungen um Themen von Einwanderung bis Energie – ermöglichte es ihm damals, seinen Ruf als beständiger und durchsetzungsstarker weltpolitischer Akteur zu festigen. Nun aber wirkt diese Beständigkeit eher wie eine Versteinerung, was Folgen hat, die weit über Russlands Grenzen hinaus reichen.

Die COVID-19-Krise wird häufig als Anomalie dargestellt – als beispiellose Krise, die eine beispiellose Antwort erfordert. Aber obwohl dies wahr sein mag, waren viele der Probleme, die sie in Russland und im Westen verstärkt hat, bereits lang vor SARS-CoV-2 sichtbar.

In den Vereinigten Staaten verschärft die Pandemie die wirtschaftliche Ungleichheit, die Spannungen zwischen den Rassen und die politische Polarisierung. In Europa bringt sie ans Licht, wie unzuverlässig die transatlantischen Beziehungen geworden sind. Und in Russland verdeutlicht sie die Lähmung des Putin-Regimes, indem sie dort eine Art Stabilitätskrise verstärkt.

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