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Wenn Soft Power zur Waffe wird

PARIS – In der Theorie internationaler Beziehungen wird in der Regel zwischen weicher und harter Macht unterschieden. Der Begriff Soft Power beschreibt die Ausübung politischen Einflusses durch flexible, nicht bindende Instrumente wie Wirtschaftshilfe; die Verbreitung von Standards in Bereichen wie Umwelt, Gesundheit und zivile Sicherheit sowie durch die Ausfuhr von Kulturgütern. Für gewöhnlich widerstrebt es politischen Akteuren, die Soft Power ausüben, andere zu zwingen. Sie ziehen es vor, mit gutem Beispiel voranzugehen. Die Europäische Union ist die führende Vertreterin dieses Ansatzes.

Hard Power hingegen bezieht sich auf die Ausübung von Macht mithilfe militärischer und wirtschaftlicher Druckmittel. Anstatt mit gutem Beispiel voranzugehen, nutzen Länder die ihnen zur Verfügung stehende Hard Power, um anderen ihren Willen aufzuzwingen. In Anlehnung an Machiavelli halten sie es für besser, gefürchtet zu sein als geliebt. Das Paradebeispiel ist Russland. Die Vereinigten Staaten waren lange zwischen Europa und Russland angesiedelt und standen für eine einzigartige Kombination beider Machtformen.

Heutzutage verliert die Unterscheidung zwischen hart und weich jedoch zunehmend an Bedeutung, denn Soft Power selbst wird als Waffe benutzt. In dem, was einige Kommentatoren heute „Sharp Power“ nennen, werden traditionelle Soft-Power-Instrumente – Handel, Rechtsnormen, Technologie – zunehmend eingesetzt, um Zwang auszuüben. Wenn man drei Hauptursachen für diese Veränderung ausmachen sollte, wären es der Aufstieg Chinas, die daraus resultierende chinesisch-amerikanische Rivalität und die neue Macht digitaler Technologien.

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