Feiglingsspiel mit der Demokratie

PRINCETON – In der zunehmend nervenaufreibenden Pattsituation zwischen Griechenland und der Europäischen Union scheint die griechische Führung ein demokratisches Mandat geltend zu machen, das sich über ihre eigenen Landesgrenzen hinaus erstreckt. Die neue Regierung unter Führung der linksextremen Syriza präsentiert sich nicht nur als Verhandlungspartnerin, die versucht für Griechenland ein gutes Ergebnis zu erreichen, sondern auch als Vorkämpferin für die Lösung eines vermeintlich europäischen Problems übermäßiger Staatsverschuldung. Dieser Ansatz lässt allerdings außer Acht, dass die Gesprächspartner Griechenlands selbst auch demokratische Verantwortung zu tragen haben.

Man kann sich moderne Politik als die Bewältigung zweier Arten von Aufgaben vorstellen: die Formulierung von Rechtsvorschriften aufgrund allgemeiner Grundsätze und die Umverteilung von Ressourcen über Besteuerung und Staatsausgaben. Innerhalb eines einzigen Landes präsentieren sich diese Aufgaben als relativ unkompliziert. Doch die internationalen Beziehungen eines Landes können seiner Regierung enorme Einschränkungen auferlegen.

Als besonders stark erweisen sich derartige Einschränkungen, wenn die Regierung im Rahmen eines umfassenderen Gemeinwesens agieren muss, wie dies bei Griechenland aufgrund seiner EU-Mitgliedschaft der Fall ist. Allerdings erfordert jeder Integrationsprozess – ob auf europäischer oder globaler Ebene – einige Anpassungen hinsichtlich innenpolitischer Präferenzen und nationaler Gesetze. Die Möglichkeiten einer Regierung zur Umverteilung des Wohlstands sind außerdem begrenzt, wenn Steuererhöhungen zu Kapitalflucht führen und die Spitzenverdiener motivieren, das Land zu verlassen.

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