refugees want germany Artur Widak/ZumaPress

Die Wurzeln der deutschen Offenheit

PARIS – „Deutschland, Deutschland“ rufen Tausende von Flüchtlingen vor dem Keleti-Bahnhof in Budapest angesichts ihrer offensichtlichen Abweisung durch die ungarische Politik. Sie träumen von Deutschland – nicht von einem beliebigen europäischen Land, sondern speziell von Deutschland – ebenso wie vor über einem Jahrhundert die europäischen Armen auf der Flucht von dem Elend – und manchmal vor Pogromen – von Amerika geträumt haben.

Dies stellt eine dramatische Veränderung gegenüber früher dar. Was für ein Kontrast besteht doch zwischen dem Foto von einem kleinen jüdischen Jungen im Warschauer Ghetto vor weniger als achtzig Jahren und einem aktuellen Bild aus München von einem lächelnden Flüchtlingskind, dessen Kopf durch die Mütze eines Polizisten geschützt wird. Für das erste Kind bedeutete Deutschland den sicheren Tod. Für das zweite hingegen bedeutet das Land heute eine Hoffnung auf ein besseres Leben.

Und Deutschland stellt nicht nur eine abstrakte Hoffnung dar, sondern nimmt mehr Migranten auf als jedes seiner europäischen Nachbarländer. Kanzlerin Angela Merkel hat angekündigt, das Land werde in diesem Jahr mindestens 800.000 Asylbewerber aufnehmen. Wie kann sich ein Land so schnell von der Dunkelheit ans Licht bewegen?

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