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Ist es Zeit für Steuersenkungen in Deutschland?

MÜNCHEN – Eine konjunkturelle Abschwächung hat eine alte Debatte wiederbelebt: Braucht Deutschland spürbare Steuererleichterungen für Arbeitnehmer und Unternehmen, um international konkurrenzfähig zu bleiben? Oder sollten die Steuern steigen, damit mehr Geld für Sozialprogramme und öffentliche Investitionen zur Verfügung steht?

Höhere Steuern schaffen Spielräume für öffentliche Ausgaben, während niedrigere Steuern die Fähigkeit des Staates zum Geldausgeben beschränken. Für welches von beiden man sich entscheidet, ist eine politische Frage. Ein allgemeiner Ansatz jedoch, der in Deutschland parteiübergreifend Unterstützung finden könnte, bestünde darin, sicherzustellen, dass der vom öffentlichen Sektor beanspruchte Anteil an der Wirtschaftsleistung mittelfristig weder zu- noch abnimmt.

Tatsächlich steigt das Verhältnis der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zum BIP in Deutschland seit Jahren. Ein Referenzpunkt für die Entscheidung über die steuerliche Gesamtbelastung könnte das Jahr 2014 sein, in dem die Nettoneuverschuldung für den Bundeshaushalt auf null fiel. Damals beliefen sich die Steuereinnahmen (einschließlich der Sozialbeiträge) auf 38,6% vom BIP. Bis 2018 war die Quote auf 39,8% gestiegen.

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