Zur „DNA“ der deutschen Außenpolitik

BERLIN – Die raue Wirklichkeit des vergangenen Jahres hat Deutschland und seine Außenpolitik vor ungeahnte Herausforderungen gestellt. In der Ukraine geriet die Lage im Februar des vergangenen Jahres außer Kontrolle, die folgende Eskalation und Russlands Annexion der Krim stellten die europäische Friedensordnung in fundamentaler Weise in Frage. Und auch wenn die Vereinbarungen von Minsk uns in dieser Krise noch die Chance auf einen politischen Verhandlungsprozess erhalten, sind wir parallel mit weiteren Krisen, etwa dem Terror von ISIS oder der Ebola-Epidemie in Westafrika, vor neue, drängende Aufgaben gestellt.

Über die Frage, ob Deutschland mehr Verantwortung für die Lösung derartiger Krisen und Konflikte übernehmen sollte, wird  im In- und Ausland intensiv und kontrovers debattiert. Im Rahmen des vor einem Jahr angestoßenen „Review 2014“ haben Experten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Auswärtigen Amts und die deutsche Öffentlichkeit über Aufgaben, Prioritäten und über den Instrumentenkasten der deutschen Außenpolitik diskutiert. Welche Rolle soll Deutschland spielen in der Welt? Eines ist im Krisenjahr 2014 deutlich geworden: außenpolitische Verantwortung ist immer konkret und muss sich im Einzelfall beweisen. Manches ist uns im vergangen Jahr gelungen, manches können und wollen wir besser machen.

Deutschland wird geschätzt dafür, wie es sich weltweit für die friedliche Beilegung von Konflikten, für Rechtstaatlichkeit und ein nachhaltiges Wirtschaftsmodell einsetzt. Gleichzeitig zeigt der Review-Prozess unverkennbar, dass unsere Partner eine aktivere deutsche Außenpolitik erwarten. Uns wird allerhand zugetraut, bisweilen vielleicht sogar zu viel. Am Ende obliegt es den Deutschen selbst, die schwierigen Fragen zu beantworten: Wo liegen unsere Interessen? Wie weit reicht unsere Verantwortung? Was ist, kurz gesagt, die „DNA“ der deutschen Außenpolitik?

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