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Die Burka und die französischen Werte

PARIS – Viele westliche Medien standen dem französischen Gesetz von 2010, das Gesichtsverschleierungen und Burkas verbietet, die zusätzlich zum Gesicht auch noch den Körper der Frau verhüllen, sehr kritisch gegenüber. Und auch über die lokalen Verordnungen dieses Jahres, mit denen die den ganzen Körper bedeckenden „Burkini“-Badeanzüge verboten werden, wurde negativ berichtet. Eine negative Einstellung der Presse gegenüber Frankreich ist nichts Neues, aber die Kritiker dieser Maßnahmen ignorieren die historischen und soziopolitischen Gründe dafür, warum sie von den meisten Franzosen unterstützt werden.

Zunächst einmal ist der Säkularismus – oder laïcité – ein entscheidendes Prinzip der französischen Gesellschaft. Laut der französischen Verfassung – in der Gewissensfreiheit und Redefreiheit ganz oben stehen – kann sich jeder Bürger für jede Religion entscheiden, oder auch für keine von ihnen. Gleichzeitig steht es allen frei, den Glauben und die Sitten jeglicher Religion zu kritisieren oder zu verspotten.

2004 hat der Französische Verfassungsrat festgestellt, dass die französische Verfassung mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union im Einklang steht. Um „das Prinzip der Religionsfreiheit mit dem des Säkularismus in Einklang zu bringen“, stellte der Rat klar, dass es die Verfassung „Personen verbietet, sich deshalb zu einem religiösen Glauben zu bekennen, um den allgemeinen Regeln zuwiderzuhandeln, die das Verhältnis zwischen der öffentlichen Gemeinschaft und den Privatpersonen bestimmen“.

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