Ricardo Hausmann resource rich countries like .Latin America victimized by those with superior technology Imahornfan/flickr

Die Finanzierung der Klimasicherheit

NEW YORK – Der Zweck des weltweiten Finanzsystems besteht darin, die Ersparnisse der Welt zu ihrer produktivsten Verwendung hin zu führen. Wenn das System richtig funktioniert, werden sie in Investitionen geleitet, die den Lebensstandard erhöhen. Wenn es, wie in den letzten Jahren, nicht funktioniert, fließen sie in Immobilienblasen und umweltschädliche Projekte, darunter solche, die den vom Menschen verursachten Klimawandel verstärken.

Das Jahr 2015 wird für die Bemühungen, ein globales Finanzsystem zu schaffen, das nicht zum Klimaruin, sondern zur Klimasicherheit beiträgt, ein Wendepunkt sein. Im Juli treffen sich die Regierungen aus aller Welt in Addis Abeba, um ein neues Rahmenwerk für das globale Finanzwesen aufzustellen.

Das Ziel des Treffens wird der Entwurf eines Finanzsystems sein, das nachhaltige Entwicklung fördert und damit ein Wirtschaftswachstum schafft, das sozial inklusiv und umweltfreundlich ist. Fünf Monate später in Paris werden die Regierungen ein neues globales Abkommen zur Kontrolle des vom Menschen ausgelösten Klimawandels unterzeichnen. Dies lässt Gelder in klimafreundliche Energien fließen und baut auf den Fortschritten auf, die bei den Verhandlungen in Lima, Peru Anfang dieses Monats erreicht wurden. Auch dort wird das Finanzwesen eine große Rolle spielen.

Die Grundsätze sind klar. Klimasicherheit erfordert, dass alle Länder ihre Energiesysteme von Kohle, Öl und Gas auf Wind, Sonne, Erdwärme und andere kohlenstoffarme Quellen umstellen. Auch müssen wir die Machbarkeit von Kohlenstoffabscheidung und -sequestrierung (CSS) in großem Maßstab überprüfen, die zumindest für manche Brennstoffe eine sichere und langfristige Nutzung ermöglichen könnte. Statt dessen hat das globale Finanzsystem weiterhin Hunderte Milliarden Dollar jährlich in die Entdeckung und Entwicklung neuer Reserven fossiler Energieträger gepumpt, während für CCS wenig übrig blieb.

Viele Investitionen in neue fossile Energie werden aufgrund der weltweit fallenden Ölpreise extrem verlustreich sein. Und viele der fossilen Reserven, die momentan von den Unternehmen entwickelt werden, könnten aufgrund einer neuen weltweiten Klimapolitik letztlich „stranden“ (also im Boden bleiben). Die einfache Wahrheit ist, dass die Welt über weitaus mehr Vorräte fossiler Energieträger verfügt, als angesichts des menschlich verursachten Klimawandels sicher verbrannt werden können.

Obwohl die Marktsignale noch nicht sehr klar sind, waren in diesem Jahr die erfolgreicheren Investoren diejenigen, die ihre Bestände an fossilen Energieträgern vor dem Ölpreis-Crash verkauft haben. Vielleicht hatten sie in diesem Jahr nur Glück, aber ihre Desinvestitionsentscheidung macht langfristig Sinn, da sie den politischen Wandel von fossilen Energieträgern hin zu kohlenstoffarmen Quellen richtig vorweg nimmt.

Subscribe to PS Digital
PS_Digital_1333x1000_Intro-Offer1

Subscribe to PS Digital

Access every new PS commentary, our entire On Point suite of subscriber-exclusive content – including Longer Reads, Insider Interviews, Big Picture/Big Question, and Say More – and the full PS archive.

Subscribe Now

Viele große Pensionsfonds und Stiftungen in den Vereinigten Staaten und Europa haben in letzter Zeit so gehandelt. Sie haben die Worte des ehemaligen CEO des Ölgiganten BP, Lord Browne, richtig verstanden, der kürzlich bemerkte, der Klimawandel stelle für die Ölindustrie eine „existenzielle Bedrohung“ dar.

Immer mehr Regierungen weltweit führen Preissysteme für Kohlenstoff ein, um die hohen Sozialkosten zu berücksichtigen, die bei der Verwendung fossiler Energien anfallen. Jede Tonne Kohlendioxid, die durch die Verbrennung von Kohle, Öl oder Gas in die Atmosphäre gelangt, trägt langfristig zur globalen Erwärmung und damit zu den Langzeitkosten bei, die der Gesellschaft durch Dürren, Überflutungen, Hitzewellen, extreme Stürme und den steigenden Meeresspiegel entstehen. Diese zukünftigen Kosten können zwar nicht präzise vorhergesagt werden, aber aktuelle Schätzungen beziffern die Sozialkosten jeder zusätzlichen Tonne atmosphärischen CO2 auf zehn bis hundert US-Dollar, wobei die US-Regierung für die Steuerung ihrer Energieregulierungspolitik eine mittlere Schätzung von etwa 40 USD pro Tonne verwendet.

Einige Länder wie Norwegen oder Schweden erheben bereits seit langer Zeit eine Steuer auf CO2-Emissionen, die soziale Kosten von hundert Dollar pro Tonne oder sogar mehr widerspiegeln. Auch viele private Unternehmen, darunter auch große Ölkonzerne, haben eine interne Buchführung eingeführt, die als Hilfe für ihre Entscheidungen bezüglich Investitionen in fossile Energien die Kosten von Kohlenstoffemissionen berücksichtigt. Dies ermöglicht es Unternehmen, die finanziellen Folgen zukünftiger staatlicher Regeln und Steuern vorherzusagen.

Während mehr und mehr Länder und Unternehmen Preissysteme für Kohlenstoff einführen, werden die intern berechneten Kosten von Kohlenstoffemissionen steigen, Investitionen in fossile Energien an Attraktivität verlieren und solche in alternative Energiesysteme an Attraktivität gewinnen. Die Marktsignale der Besteuerung von CO2 (oder der Kosten für CO2-Emissionszertifikate) werden dazu führen, dass Investoren und Fondsmanager keine neuen Investitionen in fossile Energieträger mehr tätigen. Kohlenstoffsteuern können für die Regierungen außerdem eine wichtige Einnahmequelle darstellen, die für zukünftige Investitionen in kohlenstoffarme Energien verwendet werden kann.

Angesichts des internationalen Ölpreisverfalls – um 40 US-Dollar pro Barrel im letzten Sommer – ist dies ein idealer Moment für die Regierungen, Preissysteme für Kohlenstoff einzuführen. Anstatt die Konsumentenpreise für Öl um diesen Betrag sinken zu lassen, sollten sie eine entsprechende Steuer einführen.

Die Konsumenten werden dabei immer noch die Gewinner sein. Da jedes Barrel Öl etwa 0,3 Tonnen CO2 entspricht, würde eine Steuer von beispielsweise 40 USD pro Tonne CO2 lediglich 12 USD pro Barrel entsprechen. Und da die Ölpreise um das Dreifache der Steuer gefallen sind, würden die Konsumenten weiterhin viel weniger zahlen als noch vor ein paar Monaten.

Darüber hinaus wären die Einkünfte aus einer solchen Steuer für die Regierungen ein Segen. Die reichen Industriestaaten haben den Entwicklungsländern versprochen, sie bei ihren Investitionen in Klimasicherheit zu unterstützen – sowohl im Bereich der erneuerbaren Energiequellen als auch bei der Vorbereitung auf Klimaschocks. Sie haben ab 2020 100 Milliarden US-Dollar klimabezogene Finanzhilfen pro Jahr zugesagt, die sich von 25-30 Milliarden in diesem Jahr weiter steigern. Neue Einkünfte aus einer CO2-Steuer wären ein idealer Weg zur Finanzierung dieser Zusagen.

Die Rechnung dazu ist einfach: Die reichen Industriestaaten haben dieses Jahr etwa 18 Milliarden Tonnen CO2 emittiert – etwa die Hälfte aller Emissionen weltweit. Würden diese Staaten jährlich nur zwei Dollar pro Tonne CO2 an weltweite Finanzierungsorganisationen wie den neuen Green Climate Fund oder die regionalen Entwicklungsbanken überweisen, wären dies insgesamt 36 Milliarden Dollar pro Jahr. Und würde ein Teil dieses Geldes zur Mobilisierung von Finanzierungen aus dem privaten Sektor verwendet, könnten die 100 Milliarden Dollar Klimafinanzierung vollständig erreicht werden.

Die großen Ölkonzerne haben ebenso wie die großen Finanzinstitute in den letzten Jahren den Fehler gemacht, Gelder in sozial unverträgliche Investitionen zu stecken. Im Jahr 2015 haben diese beiden mächtigen Industriezweige und die Welt als Ganze die Möglichkeit, dies wieder gut zu machen. Wir können ein globales Finanzsystem erschaffen, das die Ersparnisse dorthin lenkt, wo sie dringend gebraucht werden: in nachhaltige Entwicklung und Klimasicherheit – für uns selbst und für zukünftige Generationen.

Aus dem Englischen von Harald Eckhoff

https://prosyn.org/IAcVs4gde