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Finanzstabilität in anomalen Zeiten

CAMBRIDGE – Ein Jahrzehnt nach der globalen Finanzkrise von 2008 versichern uns die politischen Entscheidungsträger ohne Unterlass, dass das System heute viel sicherer sei. Die Großbanken, die im Zentrum der Katastrophe standen, haben den Umfang ihrer riskanten Wetten zurückgefahren, und alle – Anleger, Verbraucher und Notenbanker – agieren nach wie vor auf hoher Alarmstufe. Die Regulierungsbehörden haben hart gearbeitet, um in der Bankbranche mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht sicherzustellen. Aber ist unsere Lage wirklich sonderlich sicher?

Normalerweise würde man das mit „Ja“ beantworten. Ausgewachsene systemische globale Finanzkrisen von der Art, die vor einem Jahrzehnt ausbrach, sind einer typischen Rezession, wie sie alle sieben Jahre auftritt, unähnlich. Die viel geringere Häufigkeit systemischer Krisen spiegelt zwei Fakten wider: Die Politik reagiert mit Reformen, um ihr Wiederauftreten zu verhindern, und Anleger, Verbraucher und Politiker brauchen normalerweise lange, um die letzte derartige Krise zu vergessen.

Leider leben wir nicht in normalen Zeiten. Krisenmanagement kann nicht auf Autopilot erfolgen, und die Sicherheit des Finanzsystems ist stark von der Kompetenz derjenigen abhängig, die das System steuern. Die gute Nachricht ist, dass die wichtigen Notenbanken im Großen und Ganzen noch immer ein hervorragendes Personal und Management haben. Die schlechte Nachricht ist, dass am Krisenmanagement die gesamte Regierung beteiligt ist und nicht nur die Währungshüter. Und hier besteht viel Raum für Zweifel.

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