995b680446f86f380e91c728_pa1043c.jpg Paul Lachine

Kämpfer Finanzwirtschaft

LONDON – Seit mindestens einem Vierteljahrhundert ist der Finanzsektor wesentlich schneller gewachsen als die Wirtschaft insgesamt, sowohl in den Industrie- als auch in den meisten Schwellenländern. In Großbritannien betrug das Verhältnis der Finanzanlagen insgesamt (Aktien, Anleihen und Bankeinlagen) zum BIP 1980 etwa 100 %, während es bis 2006 auf ungefähr 440 % gestiegen war. In China, wo Anlagen praktisch nicht existierten, erreichten sie in dieser Zeit weit über 300 % des BIP.

Mit der Größe der Finanzbranche wuchs auch ihre Rentabilität. In den Vereinigten Staaten wuchs der von Finanzunternehmen erwirtschaftete Anteil am Gewinn der Unternehmen insgesamt von 10 % im Jahr 1980 auf 40 % in 2006. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass die Bezahlung im Finanzsektor gewaltig zulegte. Die Londoner City, Lower Manhattan und ein paar andere Zentren wurden zu Geldmaschinen, die Investmentbanker, Hedgefondsmanager und Private-Equity-Belegschaften unmäßig reich gemacht haben. Universitätsrektoren wie ich verbringen einen großen Teil ihrer Zeit damit, sie davon zu überzeugen, einen Anteil ihrer Gewinne ihren alten Hochschulen zukommen zu lassen.

In den letzten beiden Jahren war einiges anders. Viele Finanzunternehmen haben ihre Bilanzen dramatisch verkleinert, und selbstverständlich sind manche vollkommen aus dem Geschäft ausgestiegen. Die Leverage (Verschuldungsgrad) ist steil gefallen. Investmentbanken mit einem Verschuldungsgrad der ihr Kapital Anfang 2007 über 30-mal überstieg, haben dieses Verhältnis jetzt auf knapp über zehnmal reduziert. Der Handelsumfang ist gesunken, ebenso die Kreditvergabe durch die Banken, und in Finanzzentren überall auf dem Globus hat es große Entlassungsschübe gegeben.

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