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Wie geht es mit der Globalisierung weiter?

CAMBRIDGE – Das Narrativ, das dem derzeitigen Weltwirtschaftssystem zugrunde liegt, nimmt gerade eine transformative Wendung. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs beruht die so genannte liberale internationale Ordnung auf dem freien Waren-, Kapital- und Finanzverkehr, doch diese Struktur erscheint mittlerweile zunehmend anachronistisch.

Jede Marktordnung wird von Narrativen gestützt – also von Geschichten, die wir uns selbst über die Funktionsweise des Systems erzählen. Dies gilt insbesondere für die Weltwirtschaft, denn im Gegensatz zu Einzelstaaten verfügt die Welt über keine Zentralregierung, die Regeln aufstellt und durchsetzt. In ihrer Gesamtheit tragen diese Narrative dazu bei, Normen zu schaffen und beizubehalten, die das System in geordneter Weise am Laufen halten und den Regierungen vorgeben, was sie tun und lassen sollten. Und sobald es zu einer Internalisierung dieser Normen gekommen ist, untermauern sie die globalen Märkte in einer Weise, wie es internationale Rechtsvorschriften, Handelsverträge und multilaterale Institutionen nicht zu tun vermögen.

Globale Narrative haben sich im Laufe der Geschichte immer wieder gewandelt. Unter dem Goldstandard des ausgehenden 19. Jahrhunderts wurde die Weltwirtschaft als selbstregulierendes, sich selbst ausgleichendes System betrachtet, in dem Stabilität am besten durch die Nichteinmischung von Regierungen erreicht wird. Mit freiem Kapitalverkehr, freiem Handel und solider makroökonomischer Politik, so die Überlegung, ließen sich die besten Ergebnisse für die Weltwirtschaft sowie auch für einzelne Länder erzielen.

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