Facebook tritt Putin entgegen

PARIS – Am 20. Dezember hat die russische Regierung Facebook aufgefordert, eine Seite zu sperren, auf der Gegner von Präsident Wladimir Putin zu einer Versammlung aufgerufen wurden. Facebook hatte zunächst eingewilligt, die Einrichtung einer neuen Seite am darauffolgenden Tag aber zugelassen. Indem es gezeigt hat, dass zumindest einige westliche Unternehmen Werte wichtig nehmen, die sich nicht in Geschäftszahlen ausdrücken lassen, hat Facebook eine zentrale Behauptung der russischen Propaganda untergraben – und dadurch andere falsche Behauptungen in Frage gestellt, die dazu beitragen Putins Regime zu unterstützen.

Das war keine einfache Entscheidung für Facebook. Durch die Weigerung der Aufforderung des Kremls nachzukommen, hat sich Facebook offen einem russischen Gesetz widersetzt, das Internetzensur ermöglicht. Somit kann die Regierung Facebook in Russland einfach verbieten, wo es einen harten – und nunmehr durch und durch loyalen – lokalen Konkurrenten hat, das soziale Netzwerk VKontakte. Als Pavel Durow, Gründer von VKontakte, sich im vergangenen Jahr weigerte, mit der Regierung zusammenzuarbeiten, wurde er gezwungen aus dem Unternehmen auszuscheiden, seine Anteile zu verkaufen und das Land zu verlassen.

Es ist unschwer zu erkennen, warum der Kreml eine einzelne Facebook-Seite so ernst nimmt. Da die außenpolitischen Missgeschicke Putins der russischen Wirtschaft verheerenden Schaden zufügen – in einem Ausmaß, mit dem nicht einmal die pessimistischsten Beobachter gerechnet hätten – wird jegliche Infragestellung seiner Führung als ernste Bedrohung aufgefasst.

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