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Werden die Politiker der Eurozone langfristig denken?

BRÜSSEL – Der Beginn eines neuen Jahres und sogar eines neuen Jahrzehnts ist ein guter Zeitpunkt dafür, langfristiger über die Wirtschaftspolitik nachzudenken. In den 2010ern, einer Dekade, die von den Folgen einer einmaligen Finanzkrise geprägt war, war ein starker monetärer und fiskaler Stimulus ganz klar gerechtfertigt. Tatsächlich herrscht heute allgemeine Einigkeit, dass die fast überall stattfindenden großen fiskalen Expansionen und die darauf folgende unkonventionelle Geldpolitik entscheidend dafür waren, dass sich die Große Rezession nicht in eine Wiederholung der Großen Depression der 1930er verwandelt hat.

Aber jetzt, wo die Krise überwunden ist, stellt sich insbesondere für die Politiker der Eurozone die Frage, ob diese Notfallmaßnahmen bis in die 2020er Jahre verlängert werden sollen – und wenn ja, welche langfristigen Folgen zu erwarten wären. Und hier stoßen wir schnell an der Grenze des ökonomischen Wissens.

Sowohl die Wirtschaftstheorie als auch viele Erfahrungen deuten darauf hin, dass Haushaltsstimuli kurzfristig zu höherer Nachfrage und Beschäftigung führen, insbesondere wenn sich die Finanzmärkte in Unordnung befinden. Aber wenn die Märkte normal funktionieren, sind sich die Ökonomen über die Langfristfolgen der Haushaltspolitik grundlegend uneinig. Obwohl die Theorie nahelegt, dass fiskalpolitische Maßnahmen die Ausgaben der Privathaushalte steigern können, werden die Konsumenten langfristig nur das ausgeben, was sie auch verdienen. Darüber hinaus ist die langfristige empirische Datenlage schwach, da nur wenige Länder über Jahrzehnte hinweg große Haushaltsdefizite eingegangen sind.

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