krahe1_ANATOLII STEPANOVAFP via Getty Images_war in ukraine ANATOLII STEPANOV/AFP via Getty Images

Wie der Westen den Krieg in der Ukraine ermöglichte

BERLIN – Im Gegensatz zu den Behauptungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin und der Meinung von Politikwissenschaftlern wie John Mearsheimer war die Nato-Erweiterung nicht die Ursache für die Invasion Russlands in der Ukraine. Ebenso wenig war es ein plötzliches Abgleiten Putins in die Irrationalität. Dieser hatte seine irredentistischen Absichten, beginnend mit seiner Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Jahr 2007, nämlich schon lange signalisiert. Die wichtigsten Wegbereiter für die russische Invasion waren vielmehr Europas Spaltung und Ambivalenz, durch die sich eine Lücke auftat, wo eigentlich eine Strategie hätte sein müssen. 

Der Wettstreit um die Ukraine nahm Anfang 2008 seinen Ausgang. Auf Grundlage eines hohen Ölpreises und Putins einzementierter Herrschaft begann sich Russland seiner Nachbarschaft zuzuwenden. Der Krieg in Georgien im Sommer dieses Jahres zeigte die Entschlossenheit und Ambition des Kremls, doch strategisch hatte man es immer auf die Ukraine abgesehen. Gleichzeitig bemühte sich der Westen mit der Östlichen Partnerschaft der Europäischen Union sowie der amerikanischen Ermutigung für einen Nato-Beitritt die Ukraine in seinen Einflussbereich zu locken.  

Ab diesem Zeitpunkt war es absehbar, dass sich die Spannungen im Hinblick auf die Ukraine verschärfen würden. Doch in den darauffolgenden 14 Jahren verfolgten die EU und ihre Mitgliedsstaaten eine Reihe gefährlich konfuser Initiativen. Ihr Versagen, Rechts-, Sicherheits- und Finanzpolitik aufeinander abzustimmen, schuf den Kontext, in dem Krieg möglich wurde.

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