Europas Investitionslücke in der Verteidigung

Die Auseinandersetzungen zwischen Europa, besonders Frankreich, und den USA über die Außenpolitik nehmen zu, und es geht nicht nur um das israelisch-palästinensische Blutbad und die richtige Strategie für den Anti-Terror-Krieg. Aber die USA werden Europas Kritik, wie begründet sie auch sein mag, nicht ernst nehmen, solange der alte Kontinent Verteidigung auf Kosten der USA betreibt, was er bereits seit einem halben Jahrhundert tut. In einer kriegerischen Welt ist man auf der internationalen Bühne nur glaubwürdig, wenn man militärische Kapazitäten und eine hochentwickelte militärische Technologie aufweisen kann. Europa besitzt beides nicht.

Amerikas Verärgerung über einige seiner europäischen Verbündeten - Tony Blairs Vereinigtes Königreich stellt da eine deutliche Ausnahme dar - ist verständlich. Im laufenden Steuerjahr werden die USA zusätzlich $50 Mrd. für Verteidigung ausgeben und damit das Verteidigungsbudget insgesamt auf $379 Mrd. aufstocken, mehr als 3% des BIP. Gemessen an den Ausgaben nach dem zweiten Weltkrieg ist diese Summe allerdings noch niedrig. Während des Golfkriegs 1991 erreichte der US-Verteidigungshaushalt 4,8% des BIP, in den 50er und 60er Jahren lag er sogar noch höher.

Europas Engagement für die Verteidigung steht auf einem anderen Blatt. Der Verteidigungshaushalt beträgt 1,6% des BIP in Deutschland, 2% in Italien und 1,5% in Spanien, nur in Frankreich und Großbritannien liegen die Zahlen mit 3% etwas höher. Aber es reicht nicht aus, die Diskussion über die Verteidigung auf den entsprechenden BIP-Prozentsatz zu beschränken, denn die Größe der Volkswirtschaften spielt bei der Beurteilung auch eine Rolle. Demnach wäre es logisch, wenn ein kleineres Land im Verhältnis mehr für die Verteidigung ausgeben würde als ein größeres. Tatsächlich gibt Amerika heute mehr aus als die meisten seiner NATO-Verbündeten zusammen, und der Verteidigungshaushalt in den USA wird in den nächsten Jahren aller Wahrscheinlichkeit nach weiter ansteigen.

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