Urban street in Europe

Wie sich Europas doppelte Wachstumsherausforderung bewältigen lässt

MÜNCHEN – Langsam verfestigt sich die wirtschaftliche Erholung in Europa. Zwingende Notwendigkeit für die Politik ist es nun, sicherzustellen, dass dieses Wachstum bis weit in die Zukunft hinein aufrechterhalten werden kann. Fiskal- und geldpolitische Impulse mögen auf dem Gipfel der Krise angemessen gewesen sein; sie tragen jedoch wenig dazu bei, die größte Gefahr für die langfristigen Aussichten des Kontinents auszuräumen: eine toxische Kombination aus schwacher demografischer Entwicklung und niedrigen Investitionen.

Selbst wenn man von einem stetigen Zustrom an Einwanderern ausgeht, wird die Gesamterwerbsbevölkerung der 28 EU-Länder laut Prognosen der OECD und der Europäischen Kommission in den nächsten 15 Jahren um 12-16 Millionen Menschen schrumpfen. Ein steilerer Anstieg der Zahl der Neuankömmlinge könnte dazu beitragen, die Situation zu entschärfen, doch ist eine stärkere Einwanderung allein keine ausreichende Lösung für die langfristigen Probleme der EU-Volkswirtschaft.

Nur ein Anstieg der Produktivität in Europa, so dass dieses einen größeren Wert aus seiner schrumpfenden Erwerbsbevölkerung schöpfen kann, bietet Hoffnung auf ein nachhaltiges Wachstum. Das Problem ist: Es ist viele Jahre her, dass der Kontinent zuletzt deutliche Produktivitätssteigerungen erzielt hat. In Westeuropa entschleunigt sich das Wachstum bei der Arbeitsproduktivität (Wirtschaftsleistung pro Arbeitsstunde) seit Jahrzehnten. In den 1960er Jahren stieg die Arbeitsproduktivität um robuste 4% jährlich, bevor sie sich in den 1980er Jahren auf 2% verlangsamte und um die Jahrhundertwende auf unter 1% fiel. Heute kriecht sie mit einem Tempo von rund 0,5% jährlich voran. Zugleich stagniert die totale Faktorproduktivität, die die technologische Innovation mit berücksichtigt.

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