Muslim woman Steve Eason | Stringer via getty images

Die Diskussion um die Islamdiskussion

PARIS – Der Streit ging los, als der algerische Autor und Journalist Kamel Daud einen Artikel in der italienischen Zeitung La Repubblica über die sexuellen Massenübergriffe in Köln in der Silvesternacht 2015 veröffentlichte. Es wurde allgemein berichtet, die Übergriffe seien von Immigrantengruppen aus Nordafrika und dem Nahen Osten verübt worden. Daoud erklärte das so, dass viele Muslime aus diesen Regionen unter extremem sexuellem Entzug litten, was, wie er schrieb, eine ungesunde Beziehung zu Frauen, ihren Körpern und dem Verlangen zur Folge habe.

Daoud hat die Reaktion auf seinen Artikel bestimmt nicht vorhergesehen, besonders in Frankreich, wo er von Le Monde veröffentlicht wurde. Er wurde so nachhaltig der Islamophobie beschuldigt, dass er ankündigte, seine journalistische Arbeit aufzugeben und sich fortan auf das Schreiben von Romanen zu konzentrieren. Aber wenn der Islam zum Tabu erklärt wird, verlieren wir nicht nur Stimmen wie die Daouds, sondern es wird auch eine sehr notwendige Diskussion im Keime erstickt.

Zweifelsohne war Daouds Entscheidung, diesen Artikel zu veröffentlichen, außerordentlich mutig. 2014, kurz nach der Veröffentlichung seines ersten Romans, Der Fall Meursault - Eine Gegendarstellung, in dem er Albert Camus' Der Fremde aus der Perspektive des Bruders des ermordeten Arabers erzählt, hat ein salafistischer Imam die Fatwa ausgerufen und Daouds Tod wegen Glaubensabfall und Ketzerei gefordert. Aber das hat Daoud nicht davon abgehalten, sich einem kontroversen Thema zu widmen.

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