Iran's Foreign minister Mohammad Javad Zarif and European Union High Representative for Foreign Affairs Federica Mogherini ATTA KENARE/AFP/Getty Images

Wege zur Rettung des Atomabkommens

BRÜSSEL – Es kann keinen Zweifel mehr geben, dass „America first“ genau das heißt: Amerika steht an erster Stelle. Mit der Aufkündigung des Atomabkommens mit Iran von 2015 hat sich US-Präsident Donald Trump über den Rat der Verbündeten der USA hinweggesetzt und die Interessen Frankreichs, Deutschlands, des Vereinigten Königreichs und der internationalen Gemeinschaft vollkommen ignoriert. Die Bemühungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der in letzter Minute einen breiteren diplomatischen Ansatz gegenüber Iran vorgeschlagen hat, wurden quasi kommentarlos von der Regierung Trump beiseitegeschoben.

Die Zerstörungswut, mit der Trump die internationale Ordnung beschädigt – nicht zuletzt durch seinen Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen – überlässt es anderen Ländern die Scherben aufzusammeln, die seine Sabotage des Atomabkommens hinterlässt. Trumps politische Basis, die sich daran weidet, wie er die wichtigsten Errungenschaften seines Vorgängers Barack Obama demontiert, dürfte angesichts der Entscheidung hocherfreut sein. Aber das Atomabkommen, das die offizielle Bezeichnung Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) trägt, war auch für die Europäische Union ein großer Erfolg. Schließlich waren es Europäer, die den Weg für Verhandlungen mit Iran geebnet hatten. Und das Abkommen selbst verringert die Gefahr der Verbreitung von Atomwaffen in Europas Hinterhof ganz erheblich.

In dem Versuch seine Entscheidung zu rechtfertigen setzte Trump vor kurzem folgenden Tweet ab: „Es sei daran erinnert, wie schlecht sich Iran benommen hat als das Atomabkommen in Kraft war. Sie haben mit allen Mitteln versucht im Nahen Osten die Kontrolle zu übernehmen. Nun, das wird nicht passieren!“ Es ist zwar richtig, dass Iran seinen Einfluss im Nahen Osten vergrößert hat, es gibt jedoch keinen vernünftigen Grund davon auszugehen, dass eine einseitige Aufkündigung des JCPOA plötzlich etwas an dieser Tatsache ändern wird. Wenn überhaupt, könnte die Entscheidung iranischen Hardlinern in die Hände spielen und zu noch mehr iranischer Einmischung in Irak, Syrien, Libanon und anderswo führen. Tatsächlich haben in Syrien stationierte iranische Truppen fast unmittelbar im Anschluss an Trumps Ankündigung aus dem Abkommen auszusteigen Raketen nach Israel abgeschossen.

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