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Das Grauen im Mittelmeer: Sind wir noch zu retten?

LONDON – In der letzten Maiwoche haben mindestens 1.050 Migranten und Asylsuchende im Mittelmeer den Tod gefunden. Sie sind der mangelnden Bereitschaft der internationalen Gemeinschaft zum Opfer gefallen, sich der Not der schutzbedürftigsten Menschen weltweit anzunehmen. Über 2.800 Migranten sind bislang in diesem Jahr ertrunken – fast 40% mehr als im gleichen Zeitraum des Jahres 2015. Fast alle diese Todesfälle hätten verhindert werden können. Mit jedem Leben, das ausgelöscht wird, kommt uns ein bisschen mehr Menschlichkeit abhanden.

Die internationale Reaktion hat offensichtlich kaum dazu beigetragen, die Folgen der Flüchtlingskrise abzumildern. Ungeachtet gezielter Vereinbarungen, wie der zwischen der Europäischen Union und der Türkei, bestätigt die wachsende Zahl der Menschen, die ihr Leben riskieren, um von Nordafrika aus das Mittelmeer zu überqueren, dass der Zustrom von Menschen nicht abreißen wird.

Warum das so ist, liegt auf der Hand. Die Migranten aus Nordafrika, die die Küste Italiens erreichen, fliehen vor dem Krieg in Irak und Syrien, vor Zwangsrekrutierung in Eritrea, andauernden Konflikten in Afghanistan und krimineller Gewalt in anderen Teilen Afrikas. Einige erfüllen vielleicht nicht die formalen Kriterien einer Anerkennung als Flüchtling, wie sie in der Flüchtlingskonvention von 1951 definiert sind. Aber fast alle fliehen aus katastrophalen Situationen, die von zwischenstaatlichen Konflikten, inneren Unruhen, Naturkatastrophen und wirtschaftlichem Zusammenbrüchen verursacht worden sind. Ungeachtet ihres rechtlichen Status verdienen sie in Würde zu leben und Schutz vor Missbrauch – und dass alles daran gesetzt wird, ihre Sicherheit zu gewährleisten.

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