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Kann Europa einen Krieg zwischen den USA und China abwenden?

NEW HAVEN – Die Länder Europas sind derzeit uneins, ob sie sich dem von US-Präsident Joe Biden initiierten diplomatischen Boykott der bevorstehenden Olympischen Winterspiele in Peking anschließen sollen. Diese Episode unterstreicht einmal mehr, dass Europa und die Vereinigten Staaten hinsichtlich des Umgangs mit China wirklich weit voneinander entfernt liegen.

Abgesehen von den gemeinsamen politischen Grundwerten bedienen sich die USA und Europa oftmals einer ähnlichen Rhetorik, wenn es um die Herausforderung geht, die China für die internationale Ordnung darstellt. Dennoch ist es den meisten europäischen Regierungen nicht möglich, ihre Interessen mit der Vision einer von den USA angeführten Koalition der Demokratien abzustimmen, die den Autokratien der Welt Paroli bietet. Und offizielle europäische Vertreter verweigern sich der Idee, eine auf Eindämmung fokussierte China-Politik unter dem Deckmantel des Wettbewerbs zu verfolgen.

Obwohl die Europäische Union die transatlantische Zusammenarbeit vertiefen möchte, besteht keine Einigkeit darüber, wie das bewerkstelligt werden soll, ohne China zu verstimmen oder genau jenes internationale System zu untergraben, dessen Schutz man sich auf die Fahnen geheftet hat. Ebenso wenig sind die europäischen Regierungen von Amerikas Zuverlässigkeit als Partner überzeugt. Biden mag die transatlantischen Beziehungen wertschätzen, doch sein Vorgänger, Donald Trump, tat das nicht. Wer kann schon sagen, wofür der nächste US-Präsident - möglicherweise Trump selbst - stehen wird? Diese Zweifel stellen ein Hauptmotiv für die Bestrebungen der EU dar, ihre Vision einer „strategischen Autonomie“ in die Praxis umzusetzen.

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