james168_Steffen KuglerBundesregierung via Getty Images_merkel Steffen Kugler/Bundesregierung via Getty Images

Die Vorgeschichte von Merkels jüngstem Coup

PRINCETON – Während ihrer langen Kanzlerschaft in Deutschland hat Angela Merkel wiederholt gezeigt, dass sie für Überraschungen gut ist. Jetzt hat sie sich selbst übertroffen.

2010 hat sich Merkel den Erwartungen widersetzt, indem sie darauf bestand, dass an den Bemühungen zur Rettung Griechenlands der Internationale Währungsfonds beteiligt werden sollte. Ab 2011 hat sie nach der japanischen Katastrophe in Fukushima die deutschen Atomkraftwerke stillgelegt. 2015 öffnete sie die deutschen Grenzen für über eine Million syrische Flüchtlinge. Und jetzt hat sie einem Vorschlag für einen gemeinsamen 500-Milliarden-Euro-Erholungsfonds zugestimmt, um den von der COVID-19-Krise am schwersten betroffenen Volkswirtschaften der Europäischen Union zu helfen.

Jede dieser Maßnahmen hat nicht nur in Deutschland ein Wutgeheul ausgelöst, sondern auch die Kritik anderer Europäer, die Deutschland keine übermäßige Führungsrolle zugestehen möchten. Aber jedes Mal bestand Merkel darauf, es gäbe keine Alternative. Ihre letzte Überraschung ist mit Abstand ihre mutigste: „Der Nationalstaat hat allein keine Zukunft“, erklärte sie bei einer kürzlichen Pressekonferenz mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron.

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