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Von der Sinnlosigkeit europäischer Defizitziele

BRÜSSEL – Die fiskalen Regeln für die öffentlichen Haushalte der Europäischen Union wurden in den letzten Jahren notdürftig verbessert, aber es bleibt noch viel zu tun. Nicht nur mangelt es bei einigen Schlüsselthemen an Klarheit, sondern die EU-Haushaltspolitik konzentriert sich auch weiterhin zu sehr auf kurzfristige Ziele, was sich in der sinnlosen Betonung nominaler Defizitziele innerhalb jährlicher Budgetzyklen widerspiegelt.

Natürlich haben alle EU-Staaten ein echtes Interesse an der fiskalen Nachhaltigkeit der anderen Mitglieder. Aber jährliche Defizite weisen nur sehr ungenau auf die Wahrscheinlichkeit hin, dass ein Mitglied irgendwann die Schulden eines anderen bezahlen muss. Dass jetzt unter außergewöhnlichen Umständen die Lasten nötiger Anpassungen über mehr als ein Jahr verteilt werden können, ist sicherlich hilfreich. Dabei bleibt die Ausrichtung der EU-Haushaltsregeln aber weiterhin auf kurzfristige Zeiträume beschränkt.

Wenn die Gesamtverschuldung nachhaltig ist, stellt die jährliche Finanzierung der staatlichen Defizite in einem vollständig integrierten Markt kein Problem dar. Daher sollte die EU versuchen, einen Haushaltsrahmen zu schaffen, dessen einziges Ziel darin besteht, dass die Schulden ihrer Mitglieder nachhaltig sind. Per Definition wäre dieses Ziel länderspezifisch. Es würde beispielsweise nicht vorschreiben, dass in jedem Jahr und in jedem Land das Defizit unter 3% des BIP liegen müsse. Aber es würde einen höher entwickelten analytischen Rahmen als bisher erfordern. Momentan wird die Unterscheidung zwischen Ländern lediglich auf der Basis getroffen, ob sie die EU-Obergrenze öffentlicher Schulden in Höhe von 60% des BIP nicht überschreiten.

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