Emma Bonino und der Kampf um Europa's Zukunft

CAMBRIDGE: Darin stimmen alle überein: Europa braucht eine Revolution seiner wirtschaftlichen Struktur. Wie man das erreichen soll, ist allerdings eine völlig andere Sache. Unterstützer eines Status Quo meinen, es gäbe gar keine Krise, warum sollte man sich also beeilen? Sie glauben an eine graduelle Rekonstruktion und darüber hinaus an die zahllosen High-Tech-Firmen, die momentan von Jungunternehmern gegründet werden. Irgendwie, so denken sie, wird die Informationsrevolution auf den europäischen Weg gelangen. Von dort ist es nur noch ein kurzer Schritt zu der Behauptung, daß das amerikanischen Modell in Europa nicht funktionieren kann, weil es sozial verwerflich und in jedem Fall die Gefahr in sich trägt, jeden Tag zusammenzubrechen.

Auf der anderen Seite dieser Debatte sehen Europa's verzweifelte Reformer keinen Weg, die ausschweifenden Bürokratien und übereinstimmenden Politiker des Kontinents in ihrer Zahl zu reduzieren oder auszuweiten. Sie sehen im heutigen Europa nur Potentiale von Möglichkeiten für Reformen und Wiederaufbau - das ist ein Glas, das sehr viel weniger als halbvoll ist - und sind ungeduldig mit Europa's langsamen Fortschritt.

Wohl wahr ist, daß Europa sich in einem ziemlich langsamen Tempo entwickelt. Allerdings weiten sich die Attacken auf den Staat an sich und seine Verbündeten, die auf der Seite der verknöcherten Anbieter und der Dinosaurier der industriellen Großunternehmer stehen, aus. In diesem Krieg öffnen sich jeden Tag neue Fronten. Das ist aber keine Sache von Schachzügen, die die Welt vom einen auf den anderen Tag ändern werden. Der Knackpunkt liegt in den Details und darauf muß sich jeder Angriff auf die Veränderung der Wirtschaftstruktur konzentrieren.

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