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Die wirtschaftlichen Wurzeln des Afghanistan-Debakels

BRÜSSEL – Das Nation-Building ist in Afghanistan offenkundig gescheitert. Daron Acemoglu vom MIT hat einen wichtigen Grund dafür erläutert: Der Westen verfolgte den Ansatz, von oben her staatliche Institutionen aufzubauen, obwohl Afghanistan „eine zutiefst heterogene Gesellschaft ist, die um örtliche Gewohnheiten und Normen herum organisiert ist“. Doch auch wirtschaftliche Faktoren spielten eine wichtige Rolle.

Afghanistan ist ein verzweifelt armes Land mit einem Pro-Kopf-Einkommen von rund 500 Dollar (in aktuellen Dollars) – ein Hundertstel von dem der USA. Das wahre Problem freilich ist nicht Afghanistans Einkommensniveau, sondern vielmehr das Tempo, in dem es sich verändert. Die Fachliteratur zu Revolutionen und Bürgerunruhen legt nahe, dass ein starkes Wachstum die politische Landschaft eines Landes stabilisiert, egal, ob dieses Land reich oder arm ist (oder ob es eine Demokratie ist oder nicht).

Anders ausgedrückt: Ein starkes Wachstum hilft, Konflikte zu überdecken. Doch es schafft zugleich Erwartungen an eine fortdauernde Verbesserung der Lebensumstände. Wenn diese Erwartungen nicht erfüllt werden – etwa weil sich das Wachstum verlangsamt oder umkehrt –, werden Unruhen wahrscheinlich.

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