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Anti-Fragmentierungs-Instrument ist toxisch

BERLIN – Vor dem Hintergrund rasant steigender Inflation hat die EZB beschlossen, ihre Kaufprogramme für Staatsanleihen Ende Juni 2022 einzustellen und den Bestand an Wertpapieren vorerst nicht weiter zu steigern. Außerdem hat sie höhere Leitzinsen in Aussicht gestellt.

Schon seit Ende vergangenen Jahres sind die Kapitalmarktzinsen, darunter auch die Zinsen auf Staatsanleihen, stark angestiegen. Investoren wollen für die erwartete Inflation kompensiert werden und preisen die Straffung der Geldpolitik bereits ein. Mit den steigenden Zinsen haben zugleich die Zinsdifferenzen innerhalb der Eurozone zugenommen. Insbesondere in Staaten mit höheren Staatsschuldenquoten und potenziell schlechteren Wachstumsaussichten sind die Zinsen stärker gestiegen. Während in Deutschland die Renditen auf Staatsanleihen mit 10-jähriger Laufzeit seit Anfang Dezember 2021 bis zum 21. Juni 2022 beispielsweise von -0,33% auf 1,75 % gestiegen sind, erhöhten sich die Renditen auf italienische Anleihen von 1,02% auf 4,27%. Die Renditendifferenz hat also innerhalb kurzer Frist um 1,17% zugenommen.

In den vergangenen Jahren hat die EZB mehr Anleihen aufgekauft, als von den Staaten der Eurozone neu begeben wurden; dadurch hat sie die erhebliche staatliche Neuverschuldung indirekt finanziert. Da die EZB nun nicht mehr in großem Stil zusätzliche Anleihen aufkaufen wird, besteht erhebliche Unsicherheit darüber, zu welchen Zinsen private Investoren bereit sein werden, die Staatsanleihen zu erwerben. Das erforderliche Zinsniveau einschließlich der Risikoprämien muss sich am Kapitalmarkt erst bilden. Dass hoch verschuldete Staaten sich steigenden Zinsdifferenzen gegenübersehen, liegt unter anderem daran, dass die EZB bei ihren Kaufentscheidungen bislang einen mehr oder weniger festen Schlüssel verwendet hat, während private Investoren selektiv vorgehen und für größere Bonitätsrisiken höhere Zinsen verlangen.     

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