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Das Ende der Zurückhaltung

MÜNCHEN – Nun haben sich die Erwartungen bestätigt. Die EZB hat beschlossen, die Eurozone mit Nachdruck zu inflationieren. Was harmlos als symmetrisches Inflationsziel von 1,9% deklariert wird, soll in den nächsten Jahren die Basis für eine neue Phase der expansiven Geldpolitik schaffen, die noch weit über das hinaus geht, was bislang realisiert wurde.

Erinnern wir uns. Im Maastrichter Vertrag wurde der EZB das nicht verhandelbare Ziel mitgegeben, für stabile Preise zu sorgen, was, wenn man es wörtlich nimmt, eine Inflationsrate von null bedeutet. Sie erhielt ein ganz anderes Mandat als die anderen Zentralbanken der Welt. Als dann die vom Euro induzierte Zinssenkung in Südeuropa eine inflationäre Blase hervorrief, die die Inflationsraten in einigen Ländern auf deutlich mehr als 2% pro Jahr ansteigen ließ, argumentierte der EZB-Rat, das Ziel der Preisstabilität könne man nicht genau erreichen, und im übrigen gebe es viele Messfehler. Deswegen solle man eine gemessene Inflationsrate von bis zu 2% im Durchschnitt aller Länder tolerieren.

Eine restriktive Geldpolitik zu Einbremsung der Inflationsraten in Südeuropa wollte die EZB nicht, weil sie das Risiko nur als gering einschätzte, dass damit langfristig die Wettbewerbsfähigkeit einiger Länder zerstört werden würde, und weil Deutschlands Konjunktur lahmte.

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