Geht die Eurozone in den Vorruhestand?

NEW YORK – Es bleibt weiterhin offen, ob die Eurozone überlebensfähig ist oder nicht. Was aber, wenn sich ein Zusammenbruch nur hinausschieben und nicht verhindern lässt? Wenn dem so sein sollte, würde eine Verzögerung des Unvermeidlichen die Endphase lediglich verschlimmern – und zwar deutlich.

Deutschland erkennt zunehmend, dass es höchstwahrscheinlich Billionen von Euro kosten wird, wenn die notwendigen Anpassungen, um wieder für Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und eine tragbare Schuldensituation in der Peripherie der Eurozone zu sorgen, durch Sparmaßnahmen und innere Abwertung erfolgen – also eine Kürzung der Löhne und Preise – und nicht durch Umschuldung und Ausstieg (was die Wiedereinführung stark abgewerteter Landeswährungen nach sich zieht). Tatsächlich werden ausreichende Finanzmittel offizieller Geber nötig sein, um grenzübergreifend tätigen und sogar inländischen Investoren den Ausstieg zu ermöglichen. Während Investoren ihr Engagement in den Staaten, Banken und Unternehmen in der Peripherie der Eurozone verringern, müssen sowohl bestehende als auch sich abzeichnende Ungleichgewichte finanziert werden. Der Anpassungsprozess wird viele Jahre dauern, und die Kapitalflucht wird anhalten und eine massive Finanzierung von offizieller Seite notwendig machen, bis die Glaubwürdigkeit der Politik wiederhergestellt ist.

Bis vor kurzem kamen diese offiziellen Gelder von Finanzbehörden (der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität, deren Nachfolge bald der Europäische Stabilitätsmechanismus antreten wird) und dem Internationalen Währungsfonds. Doch zunehmend stammt die öffentliche Finanzierung von der Europäischen Zentralbank – zunächst durch Anleihekäufe und anschließend durch Liquiditätshilfen für Banken und die daraus resultierende Anhäufung von Forderungen innerhalb von Target2, dem Zahlungsverkehrssystem der Eurozone. Da politische Zwänge in Deutschland und anderswo die weitere Ausweitung fiskalischer Brandmauern gegen ein Übergreifen der Krise verhindern, plant die EZB nunmehr eine weitere umfangreiche Finanzierungsrunde für Spanien und Italien (durch weitere Anleihekäufe).

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