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Draghi und die Verteidigung der Demokratie

STANFORD – Der ehemalige Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, wurde in einem entscheidenden Moment mit der Bildung einer Regierung der nationalen Einheit in Italien beauftragt. So kurz nach Joe Bidens Einzug in das Weiße Haus und angesichts des bevorstehenden Rückzugs von Kanzlerin Angela Merkel, bedeutet Draghis Amtsübernahme als italienischer Ministerpräsident, dass der französische Präsident Emmanuel Macron in Europa nicht mehr eine derart einsame Figur abgeben wird, wenn es darum geht, für den Westen und demokratische Werte einzustehen.

Diese Werte wurden durch Donald Trumps vierjährige Präsidentschaft in den USA geschwächt und der Westen bleibt in dieser Hinsicht durch Politiker wie den britischen Premierminister Boris Johnson – „dem britischen Trump“ – sowie eine Reihe populistischer Regierungschefs in Ungarn, Polen, Slowenien und anderswo weiterhin belastet. Angesichts der erprobten Führungsqualität Draghis und seiner unverbrüchlichen Treue zu demokratischen Normen könnte sich seine neue Zugehörigkeit zum Europäischen Rat für die Zukunft Europas und die transatlantischen Beziehungen als ebenso bedeutend erweisen wie Merkels Abgang.

In Anbetracht externer Herausforderungen wie Russland und China sowie interner Bedrohungen durch Populisten und Autoritäre auf nationaler Ebene benötigt Europa in der Zeit nach Merkel Führungspersönlichkeiten, die stärker im Einklang mit der prodemokratischen Biden-Administration stehen. Den überaus pro-amerikanisch eingestellten Draghi in die zentrale Führungsebene der Europäischen Union zu holen, bedeutet, einen großen Schritt in diese Richtung zu setzen.

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