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Hat Europa eine koreanische Option?

WASHINGTON, D.C. Oberflächlich betrachtet zumindest unterscheidet sich die derzeitige Situation in der Eurozone deutlich von der, in der sich Südkorea im Herbst 1997 befand. Sicher, beide Fälle kennzeichnet(e) eine schwere Wirtschaftskrise. Doch die Probleme der Eurozone rühren von dem hohen Niveau der Staatsverschuldung her, während Südkorea es mit einer massiven Kapitalflucht und einer einbrechenden Währung zu tun hatte – und fast alle seine Schulden lagen im Unternehmenssektor.

Trotzdem könnte die Eurozone aus der Erfahrung Südkoreas lernen, das seine Krise damals schneller bewältigten konnte, als irgendwer das erwartet hatte, wobei mit der raschen Erholung sinnvolle Reformen einhergingen. Der Schlüssel zum südkoreanischen Umschwung war eine starke Abwertung der Währung, des Won. Eine Abwertung des Euro erscheint als geeignete Methode, mit der die Eurozone eine Trendwende schaffen kann.

Jede Krise ist anders, aber Südkorea hatte in den 1990er Jahren viele Merkmale mit anderen angeschlagenen Schwellenmärkten gemein. Große, politisch gut vernetzte Konzerne, die als Chaebol bekannt waren, expandierten mit enormer Geschwindigkeit, indem sie in großem Umfang billige Kredite aufnahmen. Außenstehende Aktionäre hatten kaum Einfluss auf die mächtigen Manager, die die Chaebol leiteten, und die Kreditgeber gaben das Geld gern, weil sie davon ausgingen, dass die führenden Chaebol für die Regierung zu wichtig waren, als dass diese sie hätte pleitegehen lassen.

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