2d400d0346f86f6c10312a05_dr2103c.jpg Dean Rohrer

Uneinig werden wir scheitern

LONDON: In den USA triumphierte in diesem Sommer die Politik über die ökonomische Vernunft: Weder über Steuern, Ansprüche auf staatliche Leistungen, Defizite noch über ein Investitionsprogramm zur Konjunkturförderung konnten sich der Kongress und Präsident Barack Obama einigen. Europas Staats- und Regierungschefs waren ebenfalls paralysiert – Zahlungsausfälle und Abwertungen lehnten sie genauso ab wie Defizite und Konjunkturimpulse. Und nachdem sie negative reale Zinsen durchgesetzt, Geld gedruckt, für reichlich Liquidität gesorgt und die Kreditinstitute subventioniert haben, scheinen auch die Notenbanker – zuletzt US-Notenbankchef Ben Bernanke – zu der Ansicht gelangt zu sein, dass sie die Grenzen dessen, was ihnen möglich ist, erreicht haben.

Daher zweifelt heute kaum noch jemand daran, dass die Welt, steuer- und führungslos, auf eine zweite Rezession zutreibt. Die vor Beginn des Sommers geführte Debatte, ob wir vor einer „neuen Normalität“ langsameren Wachstums stehen, ist beigelegt: Nichts sieht derzeit normal aus. Der Versuch, sich durchzuwursteln, ist gescheitert. Wahrscheinlich wird die Welt angesichts gescheiterter Versuche, ein globales Handelsabkommen, einen Vertrag zur Bekämpfung des Klimawandels, einen Wachstumspakt oder Veränderungen innerhalb des Finanzsystems zu vereinbaren, in einen neuen durch Abwertungswettlauf, Währungskriege, Handelsbeschränkungen und Kapitalkontrollen geprägten Protektionismus verfallen.

Aber dies ist nicht der Zeitpunkt für Defaitismus. Was Länder, die behaupten, die Grenzen des ihnen Möglichen erreicht zu haben, wirklich meinen, ist, dass sie die Grenzen dessen erreicht haben, was ihnen allein möglich ist. Der Weg voran hin zu nachhaltigem Wachstum und Beschäftigung besteht nicht in einer hektischen Flut einmaliger nationaler Initiativen, sondern vielmehr in der globalen Koordinierung der Politik.

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