Demokratische Bündnisse

Amerikas Bündnisse mit dem Ausland sind in der diesjährigen Präsidentschaftswahlkampagne in den USA zu einem Diskussionsthema geworden. Senator John Kerry, der demokratische Kandidat, hat Präsident George W. Bush vorgeworfen, Amerikas Bündnispartner, vor allem die in Europa, zu vernachlässigen und vor den Kopf zu stoßen. Eine Kerry-Administration, so der Präsidentschaftskandidat, wird den weltweiten Respekt für Amerika wiederherstellen.

Anti-Amerikanismus ist nichts Neues in Europa, doch in der Vergangenheit sah das Bild, das die Europäer von den USA hatten, deutlich positiver aus. In der Phase des Kalten Krieges verfolgten die USA nicht nur eine Politik mit Weitblick, wie sie etwa im Marshall-Plan zum Ausdruck kam, sondern repräsentierten auch Freiheit und Demokratie.

Die Bewunderung, die amerikanischen Wertvorstellungen entgegengebracht wird, bedeutet natürlich nicht, dass andere Länder die gleichen Wege zur Umsetzung dieser Vorstellungen wie die Amerikaner gehen möchten. Viele Europäer bewundern, wie sehr sich Amerika der Freiheit widmet, doch in ihren Heimatländern bevorzugen sie politische Richtlinien, die die liberalen Wirtschaftsprinzipien des Individualismus mit einem stabilen Sozialstaat ausbalancieren. Trotz aller Rhetorik über das "alte" und "neue" Europa zeigten Meinungsumfragen, die gegen Ende des Kalten Krieges durchgeführt wurden, dass zwei Drittel aller Tschechen, Polen, Ungarn und Bulgaren der Meinung waren, die USA übten einen guten Einfluss auf ihre jeweiligen Länder aus, doch weniger als ein Viertel der Befragten wollten US-amerikanische Wirtschaftsmodelle in ihrem Land übernehmen.

https://prosyn.org/iI8CQbpde