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Frankreichs Staatsbürgerschaftstest

PARIS – Seit den brutalen Anschlägen im letzten November in Paris tobt in Frankreich eine wütende Debatte darüber, ob denjenigen, die terroristischer Straftaten überführt werden, die Staatsbürgerschaft entzogen werden soll oder nicht. Diese Maßnahme hätte zwar einen erheblichen symbolischen Wert, aber nur begrenzte konkrete Folgen. Und dennoch verdrängen die hitzig ausgetragenen Streitigkeiten zu dem Thema immer noch wesentlich weitreichendere Themen in der öffentlichen Debatte, wie das anämische Wirtschaftswachstum oder die hohe Arbeitslosigkeit - und daran wird sich auf absehbare Zeit auch nichts ändern.

Der Streit um die Staatsbürgerschaft begann am 16. November, gerade drei Tage nach den Anschlägen, als Präsident Hollande Maßnahmen zum Schutz vor Terroranschlägen ankündigte, einschließlich einer Verlängerung des Ausnahmezustands, der in der Nacht der Anschläge verhängt wurde, auf drei Monate. Bei dieser Gelegenheit erklärte Holland seine Absicht, die französische Staatsbürgerschaft all jenen Personen mit doppelter Staatsbürgerschaft zu entziehen, die für schuldig befunden wurden, „versucht zu haben, die grundlegenden Interessen der Nation zu unterlaufen oder einen Terrorakt durchzuführen”. Dazu gehörte auch eine Person, die in Frankreich geboren wurde. (Bis dahin konnte ein solches Urteil nur über Personen mit zwei Staatsangehörigkeiten, die die französische Staatsbürgerschaft durch Einbürgerung oder Heirat erhalten hatten, gefällt werden.)

Schon bald ergab sich aus Umfragen, dass eine überwältigende Mehrheit der Franzosen Hollandes Vorschlag unterstützten. Aber der Gesetzesentwurf traf in wichtigen Wahlkreisen von Hollandes Sozialistischer Partei auf heftigen Wiederstand. Besonders Intellektuelle und Menschenrechtsgruppen waren dagegen, aber auch Kreise der Partei - wodurch Hollande in eine missliche Lage geriet.

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