Die Kriminalisierung von HIV

JOHANNESBURG – „Wenn das Gesetz so etwas annimmt“, sagt Harr Bumble in Charles Dickens’ Roman Oliver Twist , „so ist das Gesetz ein Esel.“ Ein Strafrecht, das dazu führt, dass die Überträger von HIV lieber nicht wissen wollen, dass sie infiziert sind und andere, z. B. ihre Angehörigen, mit dem Virus anstecken könnten, scheint besonders gut zu Herrn Bumbles Missbilligung zu passen.

Doch haben Gesetzgeber in vielen teilen der Welt tragischerweise in einem irrigen Versuch, die Verbreitung von HIV und AIDS zu stoppen, Strafgesetze erlassen, die die Unkenntnis über das Leiden fördern, die Opfer bestrafen und die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass das Virus neue Opfer infizieren wird. Einige Länder in West- und Zentralafrika erlassen schlecht ausgearbeitete Richtlinien auf der Grundlage des Afrikanischen Modellgesetzes (African Model Law), nachdem sich eine mit dem Virus infizierte Person strafbar macht, wenn sie es auf einen anderen überträgt oder eine andere Person dem Virus aussetzt. In einigen Gerichtsbarkeiten können die Ankläger schwangere Frauen, die HIV-positiv sind, dafür anklagen, ihre ungeborenen Kinder potenziell dem Virus auszusetzen.

Es gibt gewiss seltene und dramatische Fälle, in denen eine Person mit HIV eine andere mit der konkreten Absicht ansteckt, ihr zu schaden. Es ist eine Tatsache, dass HIV- oder AIDS-infizierte Männer in einigen Teilen Afrikas sogar Mädchen vergewaltigt haben, in dem Glauben, Sex mit Jungfrauen wäre ein Heilmittel. Und einige Frauenrechtlerinnen haben Gesetze unterstützt, welche die Übertragung von HIV unter Strafe stellen, mit dem Argument, dass diese Gesetze Männer bestrafen würden, die ihre Infektion mit HIV vor ihren Sexualpartnerinnen verbergen, auch vor ihren Frauen und Freundinnen. Doch sind die existierenden Strafgesetze mehr als ausreichend, um es willigen Rechtssystemen zu gestatten, angemessene Strafmaßnahmen gegen Menschen zu verhängen, die Böses beabsichtigen.

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