45dabb02f863877419636a00_pa2599c.jpg Paul Lachine

Haushaltskonsolidierer gegen Konjunkturbeleber

LONDON – Alle intellektuellen Systeme gründen auf Annahmen, die nicht explizit genannt werden müssen, da alle Mitglieder dieser bestimmten intellektuellen Gemeinschaft sie akzeptieren. Diese „tiefen“ Axiome gibt es auch in den Wirtschaftswissenschaften, doch wenn sie nicht genauestens unter die Lupe genommen werden, können sie die politischen Entscheidungsträger in eine Sackgasse führen. Genau das geschieht zurzeit in einem Land nach dem anderen bei dem Versuch, die Ausgaben zu kürzen und die Haushaltsdefizite zu verringern.

Die Hauptaufgabe, die John Maynard Keynes sich selbst stellte, als er seine Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes schrieb, bestand darin, die tiefen Axiome aufzudecken, die der in den Wirtschaftswissenschaften üblichen Denkweise seiner Zeit zugrunde lagen. Nach diesen Axiomen war die Möglichkeit einer anhaltenden Massenarbeitslosigkeit ausgeschlossen. Die Frage, die er über seine Gegner stellte, lautete: „Was müssen sie glauben, um zu behaupten, dass anhaltende Massenarbeitslosigkeit unmöglich ist, sodass ein staatlicher ‚Anreiz’ zur Anhebung des Beschäftigungsniveaus nichts bewirken kann?“ Bei der Beantwortung dieser Frage rekonstruierte Keynes die damals gängige Theorie – um sie anschließend zu widerlegen.

Trotz der keynesianischen Revolution verlangt heute dieselbe Frage nach einer Antwort. Was müssen Menschen, die bei hoher Arbeitslosigkeit eine schnelle Haushaltskonsolidierung fordern, über die Wirtschaft glauben, damit ihre Strategie verständlich wird?

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