Hin zum Normalzustand

BRÜSSEL – Eine Finanzkrise bricht aus, wenn eine große Menge von Vermögenswerten innerhalb des Finanzsystems plötzlich risikobehaftet erscheint und die Anleger ihre Bestände loswerden wollen. Diese Vermögenswerte werden dann „toxisch“ – d.h. sie sind nicht bloß riskant, sondern mit einem nicht quantifizierbaren Risiko belastet. Toxische Vermögenswerte werden nicht gemäß einer normalen Risiko-Rendite-Arithmetik gehandelt. Da sich ihr Risiko nicht berechnen lässt, wollen ihre Eigentümer sie einfach nur abstoßen – manchmal zu jedem Preis.

Dies war in den Jahren 2007-2008 in den USA bei den so genannten Residential Mortgage-Backed Securities (RMBS) der Fall, einer Klasse von auf Eigenheimhypotheken basierenden Wertpapieren. Während der Boomphase wurden diese Wertpapiere in der Annahme, dass die US-Häuserpreise nicht fallen könnten, da dies bisher zu Friedenszeiten noch nie passiert war, als risikofrei verkauft.

Doch diese Annahme zerbrach, als 2007 ein Rückgang der Immobilienpreise auf breiter Front einsetzte und die Ausfallraten von Hypotheken plötzlich anstiegen. Infolgedessen wurden RMBS nun als viel riskanter betrachtet als ursprünglich angenommen. Zunächst gab es kaum eine Grundlage, um auf rationale Weise einen neuen Preis für sie festzulegen, weil es das Ereignis (ein Rückgang der US-Häuserpreise in Friedenszeiten) noch nie gegeben hatte. Zudem waren die Banken und andere Finanzinstitute, die große Bestände an RMBS hielten, unzureichend dafür ausgestattet, das Risiko zu messen, und wären in einigen Fällen bankrott gegangen, wenn sie ihre Bestände auf dem Gipfel der Krise zu Ausverkaufspreisen hätten abgeben müssen.

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