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Das Hirngespinst der Kurzfristigkeit an den Aktienmärkten

CAMBRIDGE – Ein häufig zu vernehmender, in der US-Politik zunehmend geäußerter Refrain ist, dass Amerikas Unternehmen übermäßig durch die kurzfristige Orientierung des Aktienmarktes beeinflusst werden. Obwohl sich die US-Präsidentschaftswahlen derzeit nicht besonders auf grundsätzliche politische Fragen konzentrieren, wird der Wahlkampf in Kürze enden, und dann wird regiert und es werden politische Strategien umgesetzt. Angesichts der Tatsache, dass sowohl Republikaner als auch Demokraten diese kurzfristige Orientierung kritisiert haben, ist es möglich, dass einige dieser Maßnahmen darauf abzielen könnten, diese Kurzfristigkeit zu bekämpfen. Sie dürften kaum etwas bewirken.

Nicht nur wird das Problem der Kurzfristigkeit in trauriger Weise übertrieben, sondern die politischen Vorschläge zu ihrer Bekämpfung sind mit schweren Mängeln behaftet. Man denke etwa an den Vorschlag der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton – den Vizepräsident Joe Biden unterstützt –, die Aktionäre mittels der Kapitalertragssteuer zu ermutigen, ihre Aktien etwas länger zu halten.

Die Idee, die dahinter steht, ist Folgende: Wenn Aktionäre wie wild mit ihren Aktien handeln, fühlten sich die Konzernleitungen unter Druck gesetzt, in jedem Quartal hohe Erträge zu gewährleisten, damit die Aktienkurse nicht fallen. Investitionen etwa in Forschung und Entwicklung könnten, trotz ihres langfristigen Nutzens, die Aktionäre zum Verkauf animieren und so das Unternehmen mit einem fallenden Aktienkurs bestrafen.

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