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Der Kampf der Kulturen

PRINCETON – Die berühmte These des Politikwissenschaftlers Samuel Huntington, dass die Welt nach dem Kalten Krieg durch einen „Konflikt der Zivilisationen“ definiert sein würde, hat sich als unzutreffend erwiesen. Während es sicherlich Zwiespalt und Konflikte gibt, ist die Ursache ein Konflikt der Kulturen innerhalb von Zivilisationen. Es ist dieser Konflikt, der den Angriff auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 anheizte.

Derartige intrazivilisatorische Konflikte machen die Zivilisation letztlich selbst unmöglich – oder zumindest dysfunktional, so wie es die US-Politik inzwischen eindeutig zu sein scheint. Von COVID-19 bis hin zur Geopolitik ist inzwischen jedes Thema ein Kulturkampf. Vor einem Jahr dann wurde der zunehmend fadenscheinige Schleier konfliktmildernder Politik- und Verhaltensnormen weggerissen.

Obwohl Debatten über kulturelle Werte allgegenwärtig sind, gehen alle davon aus, dass ihr jeweils eigener lokaler oder nationaler Konflikt irgendwie einzigartig ist, so als würden Großbritanniens und Frankreichs postimperiale Relikte sich einem Vergleich widersetzen oder von Amerikas eigenem imperialen Debakel grundlegend unterscheiden. Sind die amerikanischen Debatten über das Erbe der Sklaverei und der Rassenunterdrückung wirklich etwas so Besonderes? Ist der Kampf zur Überwindung (oder neuerlichen Geltendmachung) nationaler Identität wirklich ein essenziell europäisches Phänomen? Tatsächlich verlieren die Begriffe, die diese Debatten bestimmen, im rapiden Tempo jegliche Bedeutung.

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